Das geplante neue Ladenöffnungsgesetz teilt die Geister. Während einer Anhörung im Sozialausschuss des Landtags prallten die Ansichten am Donnerstag heftig aufeinander. Nach Unklarheiten in der bisherigen Rechtsvorschrift, die viele Rechtsstreitigkeiten nach sich zogen, soll das neue Konzept nun übersichtlicher sein. So wird die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage je Gemeinde auf maximal vier beschränkt. Alle Adventssonntage und der 27. Dezember (wenn er ein Sonntag ist) werden zu Tabus erklärt. Allerdings darf jede Gemeinde zwei zusätzliche verkaufsoffene Sonntage für bestimmte Stadtteile oder Ortsbereiche definieren – jedoch nur dann, wenn damit auch in diesen Stadtteilen die Obergrenze von vier offenen Sonntagen nicht überschritten wird. Für die zusätzlichen Öffnungen ist aber jeweils eine besondere Begründung nötig, die laut Verfassungsgerichtsurteil nicht im Interesse der Firmen an mehr Umsatz bestehen darf. Hier werden im Gesetzentwurf „das öffentliche Interesse an der Belebung der Gemeinde“ erwähnt oder „das Sichtbarmachen der Innenstädte“. Aber viele Organisationen, so Kommunen, Kirchen, Handelsverbände und Gewerkschaften, halten die Formulierung für zu unbestimmt und damit juristisch stark angreifbar.


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Scharfe Kritik kam von den evangelischen und der katholischen Kirche. „Mit Erschrecken sehen wir, dass es der Industrie nur um schlichte Ökonomie geht“, sagt Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track. Die Begründung für verkaufsoffene Sonntage sei alles andere als überzeugend. „Es macht den Museumsbesuch nicht besser, wenn man hinterher noch einkaufen gehen kann.“ Nötig hätten die Menschen vielmehr „mehr gemeinsame Zeit, die frei ist von Wirtschaft und Handel“. Ihre Kollegin Andrea Radtke sagte, der Versuch zur Definition von besonderen Anlässen sei juristisch höchst problematisch. Im benachbarten NRW bestehe ein Gesetz seit einem Jahr, schon 20 Gerichtsentscheidungen hätten verkaufsoffene Sonntage gekippt – denn die Richter hätten die angeblich nicht-wirtschaftliche Begründung für die Ladenöffnung als nicht überzeugend verworfen. Lars Niggemeyer vom DGB und Sabine Gatz von Verdi beklagten, dass zwei Drittel der 300.000 Beschäftigten im niedersächsischen Einzelhandel Frauen seien, zwei Drittel in Teilzeit arbeiteten und die Teilzeitquote immer weiter steige – da es mit den verlängerten Öffnungszeiten einen verstärkten Verdrängungswettbewerb gebe, aber kein Umsatzwachstum. Die Kommunalverbände zeigten sich mit dem Gesetzentwurf zufrieden, die IHK Niedersachsen hält die nur jährlich vier verkaufsoffenen Sonntage für zu wenig, in Berlin gebe es acht und in anderen Ländern noch mehr. Zumindest am ersten Adventssonntag sollten die Läden auch geöffnet haben dürfen. Ein Vertreter des Bäckerhandwerks erklärte, der sonntags nur für bis zu drei Stunden erlaubte Verkauf von frischen Backwaren sei zu streng reglementiert – bis zu sechs Stunden wie in Hessen seien sinnvoller. Der Bundesdurchschnitt liege bei 5,1 Stunden. Man verliere sonst im Wettbewerb mit Tankstellen und Discountern, die Snacks verkaufen.