Darum geht es: Die Härtefallkommission hat neue Zahlen vorgestellt, wonach weniger Asylbewerber als Sonderfälle ein Bleiberecht bekommen, weil ihre Situation von neuen Gesetzesänderungen erfasst wird. Gleichzeitig diskutiert die Politik über eine Verschärfung des Asylrechts. Dazu ein Kommentar von Isabel Christian.

Innenminister Boris Pistorius war voll des Lobes, als er gestern mit der Vorsitzenden der Härtefallkommission Anke Breusing die aktuellen Fallzahlen vorstellte. Die Kommission sei und bleibe ein unverzichtbarer Baustein im Asylkonzept der Landesregierung. Sie biete jenen Menschen eine Chance auf Asyl, die aus rechtlicher Sicht keine haben. Gleichzeitig sei sie ein Indikator, ob die Asylgesetze human genug sind. Pistorius kommt zu dem Schluss, dass sie es sind.

Aber wie lange wird der Innenminister noch zu dieser Haltung stehen? Denn mit Hinblick auf islamistischen Terror und die sogenannten „Gefährder“ diskutieren Politiker auf Landes- und Bundesebene immer ernsthafter über eine Verschärfung der Asylgesetze. Länder mit fragwürdigen Lebensbedingungen werden zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt, um Asylanträge schneller ablehnen und Menschen abschieben zu können. Die Bedingungen für eine Ausweisung sollen gelockert werden. Auch Pistorius muss sich mit diesen Fragen befassen, schließlich ist Sicherheit sein Kernthema. Nur hier steht das Interesse nach Sicherheit gegen das Interesse auf eine humanitäre Behandlung der Asylsuchenden.

Wer einmal bei einer Abschiebung dabei war, weiß, dass es nicht nur die „Richtigen“ trifft. Die, die Straftaten begangen haben. Die, die sich nicht integrieren wollen. Vielfach müssen Menschen etwa am hannoverschen Terminal D in ein Flugzeug steigen, weil es ihr einziges Vergehen war, ihr Glück in einem anderen Land versuchen zu wollen. Die seit Jahren in Deutschland leben, die Sprache sprechen und sich in ihrer Gemeinde engagieren. Dass solche Menschen als „Beifang“ im Netz der Abschiebung landen, lässt sich nicht verhindern. Verschärft man die Asylgesetze und verringert damit die rechtlichen Schablonen, die auf die unterschiedlichen Situationen der Asylbewerber passen können, so werden mehr Menschen in das Flugzeug steigen müssen. Und die Härtefallkommission wird mehr Arbeit bekommen. Andererseits darf man es nicht zulassen, dass die Masse der ehrlichen und bemühten Asylbewerber diejenigen schützt, die die Humanität nur ausnutzen wollen. Eine Balance zu finden ist schwierig.

Pistorius hat Recht, wenn er von der Härtefallkommission als einem wichtigen Baustein der Asylpolitik spricht. Die Kommission kann eine Verschärfung des Asylrechts abfedern, wie sich in den ersten Jahren nach ihrer Gründung 2006, als das Asylrecht noch weitaus starrer gestrickt war, gezeigt hat. Die Kommission kann zusätzlich durch sorgfältige Kontrolle dafür sorgen, dass das humanitäre Angebot nicht von Nutznießern missbraucht wird. Ein locker gefasstes Asylgesetz kann das nicht. Es bietet nicht bloß mehr Lücken für Straftäter und Integrationsunwillige. Es vertraut auch darauf, dass die Polizei auf diese Menschen aufmerksam wird und sie im Blick behält. Bei der großen Zahl der Flüchtlinge, die in den vergangenen Jahren nach Niedersachsen gekommen sind und hier Asyl suchen, ist das quasi unmöglich. Auch die Härtefallkommission muss aufgestockt und teilweise umstrukturiert werden, wenn sie die humane Komponente in einem strengen Asylrecht sein soll. Ein Gremium aus Ehrenamtlichen kann mit einer solchen Aufgabe an seine Grenzen geraten. Dennoch sollte die Politik den Schritt wagen. Denn die Kombination aus strengerem Recht und einer starken Kommission als humanitärem Kontrollorgan ermöglicht beides: einen Gewinn an Sicherheit und eine Chance für die, die ein Bleiberecht verdient haben.

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