Die angebliche Manipulation des kasseninternen Finanzausgleichs durch die Krankenkassen sorgt auch für Diskussionen in der Landespolitik. „Ich erwarte ganz einfach, dass sich die Krankenkassen hier korrekt verhalten. Wenn es notwendig wird, schreiten wir aber auch umgehend ein“, sagte Sozialministerin Cornelia Rundt. Dem Ministerium zufolge sind seit 2009 keine entsprechenden Rechtsverstöße von Kassen, die der niedersächsischen Aufsicht unterstehen, bekannt geworden. Sollten Rechtsverstöße bekannt werden, gebe es eine Intervention durch die Rechtsaufsicht.

Der Chef der Techniker-Krankenkasse hatte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zugegeben, dass die Krankenkassen den Finanzausgleich manipulieren. „Es ist ein Wettbewerb zwischen den Kassen darüber entstanden, wer es schafft, die Ärzte dazu zu bringen, für die Patienten möglichst viele Diagnosen zu dokumentieren.“ Dann gebe es mehr Geld aus dem Risikostrukturausgleich. Die Kassen bezahlten sogar Prämien, wenn die Ärzte den Patienten auf dem Papier kränker machten.

Die FDP-Fraktion will in einer Anfrage an die Landesregierung derweil genauer wissen, ob durch mögliche Manipulationen regionaler Kassen Mehrkosten entstanden sein könnten. „Dass offenbar zahlreiche Krankenkassen bei der Abrechnung von Leistungen systematisch täuschen, ist ein Skandal und nicht hinnehmbar“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Christian Grascha, dem Rundblick. Schließlich würden den Mitgliedern der Kassen stetig steigende Beiträge zugemutet.

Auch die CDU im Landtag bereitet derzeit eine Anfrage zu dem Thema vor. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Reinhold Hilbers sagte im Gespräch mit dem Rundblick, der Risikostrukturausgleich müsse kritisch geprüft werden. „Wenn er solche Mechanismen zulässt, dann ist er vom Grundsatz her sehr betrugsanfällig.“ Zugleich müsse es auch seitens der Behörden eine wirksame Kontrolle geben. Laut Thomas Schremmer, Sozialpolitiker der Grünen-Fraktion, muss das System in Frage gestellt werden. „Die Methoden der Kassen sind ein bisschen windig“, so Schremmer. Er schlägt vor, den Risikostrukturausgleich zu verändern. Eine Deckelung des Risikopools und eine Regionalkomponente könnten Schremmer zufolge eine vernünftige Lösung sein.

Die AOK Niedersachsen verwies auf eine Erklärung des Vorstandsvorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. Darin bezeichnet er Aussagen des TK-Chefs als „vorgezogene Halloween-Aktion“. Tatsächlich gehe es um die Diskreditierung des Risikostrukturausgleichs und eine Verunsicherung auf breiter Front. Die AOK fordere schon lange, den Risikostrukturausgleich manipulationsresistenter zu machen und einheitliche Kodierrichtlinien in der ambulanten Versorgung einzuführen.