Für besonders schwer verletzte oder kompliziert erkrankte Patienten ist die Medizinische Hochschule in Hannover (MHH) oft die letzte Rettung. Doch nun muss die Großklinik selbst in den OP. Heruntergekommene Gebäude, schlechte Bausubstanz und veraltete Leitungen erschweren dem Krankenhauspersonal zunehmend die Arbeit. Im vergangenen Herbst kündigte die Regierung nun an, die MHH sanieren zu lassen. Doch das gestaltet sich schwierig.

Was sind denn die Mängel an der MHH?

Stefan Zorn, Sprecher der MHH, hatte es im Herbst so zusammengefasst: „Es besteht ein erheblicher Investitionsstau.“ Seit fünfzig Jahren ist die Klinik bereits in den jetzigen Räumen untergebracht. Zorn zufolge gibt es Mängel bei der Strom- oder Notstromversorgung, Lüftungs- und Heizungstechnik oder der Technik für medizinische Gase. Dazu kommen nötige Dach- und Fassadensanierungen, die Modernisierung der Stationen und die notwendige Renovierung von Funktionsbereichen.

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Wie sehen die Optionen aus?

Das ist der momentane Knackpunkt. Wissenschafts- und Finanzministerium haben entschieden, innehalb von 22 Jahren die MHH grundlegend sanieren zu lassen, sprich: teilweise neu bauen, teilweise umbauen. Die Klinikleitung favorisiert aber einen Neubau auf der „grünen Wiese“, denn viele Gebäude – wie etwa die Kinderklinik – seien gar nicht mehr sanierungsfähig. Die Kinderklinik ist nach derzeitigem Stand vom Großprojekt aber ausgenommen, weil sie schon vorher neu gebaut werden soll.

Der Landesrechnungshof fordert jedoch auch, die neuen Gebäude nicht zwischen die alten zu setzen, sondern auch der Wiese nebenan komplett neu zu bauen. Das würde viel Zeit sparen, denn ein Neubau sei schon innerhalb von zehn Jahren zu verwirklichen. Zudem ist der Platz zwischen den Gebäuden zu eng, sodass für die Sanierung immer wieder Zwischenlösungen gefunden oder ganze Bereiche komplett stillgelegt werden müssten. Der Bau der Kinderklinik sollte dafür zurückgestellt werden.

Rot-Grün hält das für nicht sinnvoll. Denn die neuen Gebäude auf dem alten Gelände würden ja nacheinander fertig und nicht erst 2022. Bei einem Neubau dagegen müsse man die jetzigen Zustände zehn Jahre hinnehmen. Die CDU dagegen kritisiert, dass bei dem Plan der Regierung eine 20 Jahre währende Dauerbaustelle geöffnet werde, während der Betrieb in der MHH weiterlaufe.

Was soll das kosten?

In den zuständigen Ministerien plant man mit einem Investitionsvolumen von 1,1 Milliarden Euro.

Wie wird das bezahlt?

Für das Land wird die Sanierung teuer werden, zumal auch die Universitätsmedizin Göttingen (UMG) in einem ähnlichen Zustand ist und deren Sanierung auch mit etwa einer Milliarde Euro veranschlagt wird. Anders als die UMG ist die MHH keine Stiftungshochschule, weshalb die Sanierung komplett vom Staatlichen Baumanagement bezahlt werden muss. Im Finanzministerium ist man es aber gewohnt, Großprojekte wie dieses in mehrere Bauabschnitte zu teilen, die sich jeweils über mehrere Jahre hinziehen. Bei der MHH dürfte das jedoch zur Folge haben, dass sich die Lage währenddessen immer weiter verschärft. Eine Möglichkeit ist deshalb eine Partnerschaft zwischen Land und privaten Investoren, um das Geld für die Sanierungen schneller zusammenzubringen.

Zunächst einmal wird die Finanzierung der Sanierung aus dem Landeshaushalt jedoch ausgegliedert. Denn Niedersachsen darf ab 2020 keine neuen Schulden mehr machen. Ein Sondervermögen ist davon nicht betroffen. Zudem sollen regelmäßige Geldtransfers aus dem Haushalt verhindern, dass es zu Baupausen kommt. Schneider geht davon aus, dass ein regelmäßiger Zuschuss von 100 Millionen Euro jährlich das gesamte Projekt bezahlen könnte. Doch er favorisiert die Hybridlösung mit privaten Investoren.

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Neben Finanzminister Peter-Jürgen Schneider spricht sich auch Ministerpräsident Stephan Weil für eine solche Lösung aus.Die Grünen dagegen sind skeptisch, sie befürchten, dass das Land damit auch einen Teil der Hoheit über das Projekt aus der Hand gibt. Die CDU befürwortet eine Zusammenarbeit zwischen Öffentlicher Hand und privaten Investoren grundsätzlich, es müsse aber sichergestellt sein, dass eine Kooperation unterm Strich günstiger wird als wenn das Land allein bauen lässt.

Was ist mit den vorherigen Skandalen?

Es hat im Vorfeld Fehlplanungen bei anderen Bau- und Sanierungsmaßnahmen an der MHH gegeben. Die Fehler sollen bei der Planung durch die Klinikleitung passiert sein, diese wiederum macht aber das Staatliche Baumanagement verantwortlich. Auch vor Ort, so heißt es vom Wissenschaftsministerium, hätten sich MHH und Baumanagent zu wenig abgestimmt, sodass der Bau eines neuen Laborzentrums nicht mehr rechtzeit gestoppt werden konnte. Fünf Millionen Euro hat der Finanzausschuss kürzlich bereitgestellt, um nachrüsten zu lassen. So fehlt etwa ein Notstromaggregat. Später werden noch weitere Unregelmäßigkeiten bekannt. So soll die MHH jahrelang Personal eingestellt haben, obwohl weder die Stellen noch das Geld dafür vorhanden waren. 100 Millionen Euro soll das Defizit der MHH zum Schluss betragen haben.

Nun hat die CDU die Befürchtung, dass es bei den anstehenden Sanierungen wieder zu Fehlern in der Planung kommt und das ohnehin schon teure Projekt noch teurer wird. Sprich: sie hält die MHH mit der Planung für überfordert.Auch bei der SPD gibt es kritische Stimmen, die die MHH nicht mit der Planung beauftragt sehen wollen.

https://soundcloud.com/user-385595761/rechnungshof-prasidentin-ministerium-muss-bei-mhh-starker-eingreifen

Auch der Landesrechnungshof hält die Zusammenarbeit zwischen MHH, Staatlichem Baumanagement und dem federführenden Wissenschaftsministerium für vergiftet. Er fordert, eine Bau- und Betriebsgesellschaft zu gründen, die MHH und UMG aus den Planungen und dem Bau heraushält.

Bis Jahresende soll in der MHH nun ein „Masterplan“ entstehen. Für die Detailplanung allerdings soll nicht allein die MHH zuständig sein, das haben Wissenschafts- und Finanzministerium nach den vergangenen Pannen klargemacht. Neben dem Wissenschaftsministerium sollen auch das Staatliche Baumanagement und externe Berater mitentscheiden.

Bei der MHH will man das aber nicht einfach so hinnehmen. Beim Verfassungsgericht in Karlsruhe liegt derzeit eine Beschwerde, in der es um die Rechte und Möglickeiten der Mitgestaltung für Hochschulgremien geht. Schriftführer ist Prof. Bernd Haubitz, Radiologe an der MHH, und Mitglied im Senat der Hochschule. Er prangert an, das Präsidium der MHH habe zu viel Einfluss, während das Selbstverwaltungsorgan Senat zu wenig Mitspracherecht habe. Haubitz fordert nun, der Senat solle für die MHH bei den Bauplanungen sprechen und die Mitgestaltung übernehmen.