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Dass der Antrag noch nicht die gewünschte Lösung parat hält, wussten wohl auch die Fraktionen, die ihn einbrachten. Neben einer detaillierten Problembeschreibung verhielten sie sich deshalb auch gleichzeitig defensiv. „Man wird uns Symbolpolitik vorwerfen, aber wer sich nicht auf den Weg begibt, wird nicht ankommen“, sagte Frank Schmädeke von der CDU-Fraktion verteidigend in seiner Rede im Landtag. Der Antrag sei aber ein Signal an die Landwirte, und noch viel mehr „auch ein unmissverständliches Signal an Berlin, den Weg zu ebnen für ein Wolfsmanagement.“ Von einem „Signal, aber einem klugen Signal“ sprach auch Marcus Bosse von der SPD-Fraktion. Der Antrag könne die Grundlage sein für weitere Schritte.
Man wird uns Symbolpolitik vorwerfen, aber wer sich nicht auf den Weg begibt, wird nicht ankommen.
Zur gemeinsamen Problembeschreibung führten die beiden aus, dass die Zahl der Wolfsrudel in Niedersachsen in den vergangenen drei Jahren enorm angestiegen sei. Von zehn Rudeln 2017, als sich dieser Landtag konstituierte, auf insgesamt 35 Rudel heute. „Der Wolf fühlt sich sehr wohl und breitet sich aus“, sagte Bosse beinahe auch stolz. Doch 1000 getötete Nutztiere pro Jahr führten eben auch dazu, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Wolf immer weiter sinke. Das Problem werde innerhalb Niedersachsens aber sehr unterschiedlich wahrgenommen. Rein rechnerisch habe fast jeder Landkreis in Niedersachsen ein eigenes Wolfsrudel und umgerechnet 30 Nutztierrisse pro Jahr, wie der Abgeordnete Schmädeke deutlich machte. Doch diese Zahl täusche. Denn die Akzeptanz für den Wolf sinke nicht überall gleich, sondern vor allem in den ländlichen Regionen, die besonders unter dem Wolf zu leiden haben. Er selbst habe in seinem Wahlkreis einen Ort, in dem in den vergangenen Jahren immer mehr Nutztierhalter aufgegeben hätten – Weidetierhaltung sei dort schlichtweg nicht mehr möglich, berichtete Schmädeke merklich angefasst von der emotionalen Notlage mancher Familien. Die Frage, wie mit dem Wolf verfahren werden soll, ist also auch eine Frage der Solidarität mit der ländlichen Bevölkerung.

Umweltminister will den Rechtsrahmen ausnutzen
Diese Regelung decke sich auch mit dem strengen EU-Recht, das für Deutschland und Frankreich identische Schutzvorschriften für den Wolf vorsieht, erläuterte Umweltminister Olaf Lies (SPD). In manchen skandinavischen Ländern sei das aufgrund ihres späteren Beitritts zur EU anders geregelt worden – mit denen kann sich Deutschland also nicht vergleichen. Lies möchte nun, dass sich Deutschland am Beispiel Frankreichs orientiert und den Rahmen des Möglichen, den die EU-Richtlinie für Flora-Fauna-Habitat (FFH) vorgibt, auch entsprechend ausschöpft. Ohne Änderungen auf Bundesebene wird es aber schwierig. Im niedersächsischen Landtag sieht ein Großteil nun also auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Zuge. Freudig konnte Umweltminister Lies gestern noch einmal bekräftigen, dass er die Jäger nun auf seiner Seite weiß. Lange Zeit hatte sich die Landesjägerschaft dagegen gesträubt, die Zuständigkeit für den Wolf zu übernehmen. Im Landtag erinnerte Christian Meyer (Grüne) noch einmal an die bisherige Haltung der Weidmänner, die fürchteten, künftig für Wolfsrisse zahlen zu müssen. Meyer vertrat auch die Position, dass Revierpächter künftig der Besenderung oder Entnahme eines Wolfes zustimmen müssten und dass der ganze Vorgang dadurch nur noch komplizierter würde. Ein Beispiel für dieses Problem sei Sachsen. Seitdem der Wolf dort im Jagdrecht steht, sei kein einziger Wolf mehr getötet worden. Auch stehe die Sorge im Raum, dass künftig über die Jagdabgabe das Wolfsmonitoring bezahlt würde. Den Sorgen widersprach allerdings Helmut Dammann-Tamke, CDU-Abgeordneter und zeitgleich Präsident der Landesjägerschaft. Der Gesamtvorstand der Landesjägerschaft habe kürzlich beschlossen, seine Position neu auszurichten und dem CDU-Vorschlag zu folgen. „Wir werden uns der Aufgabe, die an uns herangetragen wird, aktiv stellen.“ Zudem verwies Dammann-Tamke darauf, dass der Verband bereits seit längerem aus eigenen Mitteln die Stelle eines Biologen bezahle und das Wolfsmonitoring betreibe.Wenn der Wolf ins Jagdrecht kommt, muss es so gestaltet sein, dass es nicht schwieriger wird, einen Wolf zu entnehmen.
Obwohl mit der Überführung des Wolfes ins Jagdrecht auch das Landesagrarministerium eine Mitverantwortung übertragen bekommt, war für Umweltminister Lies aber klar, dass er auch künftig zuständig ist. „Der Wolf bleibt im Umweltministerium, daran wird auch das Jagdrecht nichts ändern“, betonte er. Bei der Gelegenheit verteidigte Lies auch seine am Montag vom Landeskabinett gebilligten Wolfsverordnung. Dem Vorwurf der Grünen, diese werde nichts ändern, widersprach er. Durch die Verordnung werde EU-Recht präzisiert und mehr Rechtssicherheit hergestellt, dabei habe man sich auch an den Gerichtsurteilen orientiert, die zu der Thematik der Ausnahmegenehmigungen zur Entnahme von Problemwölfen gefällt wurden.
