Wie die Landesregierung dem leidgeprüften Ostfriesland unter die Arme greifen will
Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) hat im Landtag einen neuen Förderplan für Ostfriesland angekündigt. Das Vorhaben, für das es bisher erst grobe Gedankenskizzen gibt und für dessen genaue Konzeption zunächst eine Million Euro in den Landesetat für 2020 geschrieben werden sollen, sieht die gezielte Unterstützung bestimmter Wirtschaftsbereiche vor.
Damit will die SPD/CDU-Koalition in Hannover auf die absehbare Krise reagieren, die diese Region im äußersten Nordwesten des Landes schwer treffen könnte. Allein in den vergangenen zwei Jahren habe das Wirtschaftsministerium Vorhaben im Umfang von 20 Millionen Euro in Ostfriesland begleitet. Dies solle künftig ausgebaut werden, erklärte der Minister im Landtag. Dazu sei eine Zusammenarbeit von Land, Bund, Bundesagentur für Arbeit, Industrie- und Handelskammer, den drei Landkreisen Aurich, Leer und Wittmund und der Stadt Emden notwendig.
Auch Ems-Achse und Handwerkskammer sollten mitwirken. Was ihn optimistisch stimme, ist nach Althusmanns Worten die Tatsache, dass trotz des Abbaus von 700 Stellen in der Windkraftbranche die Arbeitslosigkeit in der Region 2018 nicht gewachsen sei. Man habe das auffangen können.
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Die Lage in Ostfriesland ist zugespitzt: Bei Enercon in Aurich, dem mit Abstand größten Arbeitgeber der Region, steht ein Abbau von 1500 Arbeitsplätzen an. Dieser Schritt scheint mehr oder weniger unausweichlich, denn die Firma will die Fertigung der Rotorblätter für neue Windräder ins Ausland verlagern, weil dort die Lohnkosten wesentlich niedriger sind.
Im nahegelegenen Emden stellt Volkswagen im großen Stil die Autoproduktion um, außerdem trifft das den Hafen, der bisher zu den größten Umschlagplätzen für den Fahrzeugexport gilt. Dann sind da noch die Meyer-Werft im benachbarten Papenburg, die auch immer wieder Konjunkturschwankungen unterliegt – und die Milchbauern, die besonders heftig unter den neuen Düngevorschriften leiden, die auch das Grünland betreffen sollen.
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Die FDP-Abgeordnete Hillgriet Eilers (FDP) erkundigte sich noch nach den gescheiterten Ansiedlungsplänen des US-Autobauers Tesla, der sich jüngst für Berlin-Brandenburg als Ort für eine neue Autofabrik entschieden hatte. Im Gespräch waren zuvor auch Dörpen (Emsland) und Emden gewesen. Althusmann wies den Einwand zurück, er habe mit öffentlichen Äußerungen über die Tesla-Überlegungen den Investor verschreckt – schon seit 2017 sei Tesla interessiert gewesen, seinerzeit hätten sich auch der damalige Wirtschaftsminister Olaf Lies und Ministerpräsident Stephan Weil dazu eingelassen. Leider habe die Firma kurz vor ihrer kürzlich gefällten Entscheidung die Kriterien noch einmal geändert, Niedersachsen habe da aber nicht mehr nachsteuern können. Man habe jetzt Interesse, weiter engen Kontakt zu Tesla zu halten. Wahr sei aber auch, dass die Tesla-Investition 4 Milliarden Euro betragen hätte, Volkswagen allerdings angekündigt habe, in Niedersachsen bis 2025 insgesamt 16 Milliarden Euro zu investieren für 70 neue Fahrzeugmodelle.
Wirtschaftsminister erkennt Potentiale in Ostfriesland
Althusmann nennt mehrere Möglichkeiten für Wirtschaftszweige, die sich in Ostfriesland und Umgebung entwickeln könnten. So könnte das Recycling für Autobatterien, die in der Regel nach acht Jahren neu justiert werden müssten, in dieser Region geschehen. Auch die Ladesäulen für Elektrofahrzeuge, von denen eine Million nötig seien, müssten irgendwo produziert werden. In den Enercon-Hallen, die vermutlich frei werden, könne die Reparatur und Verwertung alter Windkraft-Rotorblätter geschehen.
Forschungseinrichtungen seien zum Thema Wasserstoffantriebe nötig, sie könnten hier gegründet werden. Wilhelmshaven komme als Standort für den Import und Export von Wasserstoff in Betracht – und mit Blick auf die LNG-Flüssiggastechnologie seien Stade und Wilhelmshaven immer noch im Gespräch. Verstimmt zeigte sich Althusmann mit Blick auf den geplanten Ausbau der Ems für die Belange der Meyer-Werft. Eigentlich sollte das 2019 beginnen, doch der Minister sagt, ohne die Bundeswasserstraßenverwaltung, die einen Antrag stellen und planen müsse, gehe es nicht. Er habe sich schon an den Behördenchef gewandt, jedoch ohne Erfolg. In der Meyer-Werft sind viele Beschäftigte aus dem benachbarten Ostfriesland tätig – sie werden regelmäßig durch Saisonkräfte verstärkt, sobald ein größeres Schiffbauprojekt bewältigt werden muss.