Weniger Niedersachsen entscheiden sich gegen die Kirche
Die Kirchen in Niedersachsen schrumpfen – aber langsamer als bisher. Die evangelische Landeskirchen Hannover und die Deutsche Bischofskonferenz zogen am Freitag Bilanz. Das Ergebnis: Die Zahl der Kirchenaustritte geht bei beiden Konfessionen weiter zurück. Doch durch den demografischen Wandel werden die Kirchengemeinden immer kleiner. 2.630.125 Mitglieder zählte die Landeskirche Hannover im vergangenen Jahr, 2015 waren es noch 1,75 Prozent mehr. Bei den Katholiken zählte das Bistum Hildesheim im vergangenen Jahr 610.216 Mitglieder, 836 weniger als im Vorjahr. Im Bistum Osnabrück ist der Schwund gravierender. Hier gehören noch 558.724 Menschen der Kirche an, 5149 weniger als 2015.
„Unser Auftrag, die Verkündung des Evangeliums, ist nicht von Statistiken abhängig, und wir freuen uns über jedes Mitglied in unserer Kirche“, sagte Stephanie Springer, Präsidentin des evangelischen Landeskirchenamts Hannover. Allerdings brauche man die Zahlen, um die Arbeit für die Mitglieder zu planen und zu gestalten. Denn die Zahl der Mitglieder wirkt sich unmittelbar auf die Einnahmen durch die Kirchensteuer aus. Um 0,8 Prozent sind diese Einnahmen im vergangenen Jahr gesunken, damit fehlen der Landeskirche 4,5 Millionen Euro.
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Geld, das sie gut gebrauchen könnte. Denn im vergangenen Jahr hat die Landeskirche Hannover ein Defizit von 35,2 Millionen Euro erwirtschaftet. „Das klingt sehr dramatisch, ist aber zu erklären“, sagt Rolf Krämer, Vizepräsident und Zuständiger für die Finanzen. Der Grund dafür sei vor allem die Rückstellung von Beihilfen in Höhe von 68,5 Millionen Euro für die pensionierten öffentlich-rechtlichen Beschäftigten. „Das werden wir noch häufiger tun müssen, denn Hochrechnungen gehen davon aus, dass wir in den kommenden Jahren 300 Millionen Euro Beihilfe brauchen werden“, sagt Krämer. Auch in den kommenden Jahren bis 2024 rechnet Krämer mit steigenden Defiziten. „Aber wir haben es wie Josef in Ägypten gemacht und vorgesorgt“, sagt er. Sollte nichts Unvorhergesehenes passieren, könne die Landeskirche die Defizite durch Rücklagen ausgleichen.
Die demografische Entwicklung zeigt sich aber nicht nur beim Personal, sondern auch bei den Gläubigen. Viele Gemeinden werden immer älter, Mitglieder sterben und werden nicht durch junge Mitglieder ersetzt. „Wir gehen davon aus, dass wir 2030 etwa 20,5 Prozent weniger Mitglieder haben als heute“, sagt Rainer Mainusch, Oberlandeskirchenrat. Dabei ist der Rückgang recht unterschiedlich verteilt. „Es gibt kein Stadt-Land-Gefälle, eher ein Ost-West-Gefälle“, sagt Mainusch. Vor allem die Gemeinden im ehemaligen Zonenrandgebiet wie der Harz oder Lüchow-Dannenberg verlieren massiv Mitglieder, die Landeskirche geht davon aus, dass die Zahl der Mitglieder in diesen Gebieten um ein Drittel zurückgehen wird. In Hannover oder Ostfriesland dagegen sind die Zahlen weitgehend stabil.
Anders als die Wirtschaft kann die Kirche jedoch nicht darauf hoffen, dass die Zuwanderer das Problem lösen. „Die Zuwanderer sind meist nicht christlich“, sagt Mainusch. Damit werde der Anteil der Kirchenmitglieder beider Konfessionen an der Gesellschaft schwinden. „Doch die Protestanten werden mit einem Drittel Anteil an der Gesamtgesellschaft die größte Gruppe bleiben.“
Eine interessante Entwicklung gibt es bei den Katholiken zu sehen. Dort ist nicht nicht nur die Zahl der Austritte zurückgegangen, sondern auch die Zahl der Taufen gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden im Bistum Hildesheim 3559 Menschen getauft und damit als Mitglieder in die Gemeinde aufgenommen, im Vorjahr waren es nur 3306 Menschen. Im Bereich des Bistums Osnabrück wurden 130 Menschen mehr getauft als im Vorjahr. Bei den Protestanten ist die Zahl rückläufig (-10,3 Prozent), doch das könnte sich auch bald ändern. „Wir erleben, dass Tauffeste immer beliebter werden“, sagt Landeskirchenamtspräsidentin Springer.