Die Kriminalität in Niedersachsen scheint auf dem Rückzug. „Der positive Trend bei der Kriminalitätsstatistik 2017 hat sich auch 2018 weiter fortgesetzt“, erklärte Innenminister Boris Pistorius am Montag bei der Präsentation der Kriminalitätsstatistik 2018. Etwas mehr als 506.000 Fälle registrierte das Landeskriminalamt im vergangenen Jahr. Das sind immerhin knapp vier Prozent weniger als im Vorjahr und der geringste Wert seit zehn Jahren.

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In nahezu allen betrachteten Kategorien zeigt der statistische Trend nach unten – mit einer Ausnahme: 2018 kam es zu einer Zunahme bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Diese machen mit insgesamt 6.669 Fällen zwar nur etwa ein Prozent der Gesamtkriminalität aus, im Vergleich zu 2017 kam es im vergangenen Jahr allerdings zu einem Anstieg um 16 Prozent. Zurückzuführen sei dieser Anstieg unter anderem auf den neu geschaffenen Straftatbestand der sexuellen Belästigung, meinte der Minister und verwies auf die bundespolitische Kampagne unter dem Motto „Nein heißt Nein!“, die 2017 zur Ergänzung im Strafgesetzbuch geführt hatte. Allerdings ist auch beim Kindesmissbrauch ein leichter Anstieg zu verzeichnen, weshalb der Landespräventionsrat eine interdisziplinäre Kommission gegründet habe, um Handlungsempfehlungen zu entwickeln, so Pistorius.

Präventionsmaßnahmen zeigen Wirkung

Andernorts zeigen die präventiven Maßnahmen des Innenministeriums offenbar bereits Wirkung: Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist im Vergleich zum Vorjahr um 2393 Fälle auf insgesamt 11.202 gesunken und kehrt damit nachhaltig den seit etwa 2008 ansteigenden Trend um. Wie die Statistik zeigt, bleiben zudem immer mehr Einbrüche unvollendet. In 41 Prozent der Fälle brechen die Täter vorzeitig ab, weil die Schutzvorkehrungen greifen. „Das ist ein Erfolg der Beratungs- und Aufklärungsarbeit. Effektiver Einbruchschutz ist das beste, um sich zu schützen“, sagte der Innenminister. Pistorius verfolgt weiterhin das Ziel, die staatliche Förderung für den Einbruchschutz, die sich bislang nur auf das Nachrüsten bestehender Immobilien bezog, auch bei Neubauten zu ermöglichen – da sei allerdings die Bundespolitik gefragt.

Obwohl die Gesamtstatistik einen Rückgang der Kriminalität verheißt, zeigen sich im Detail auch Verschlechterungen. „Cyberkriminalität erstreckt sich über alle Bereiche und ist allgegenwärtig“, erklärt Landespolizeipräsident Axel Brockmann. 2018 sei es in Niedersachsen beispielsweise zu 1269 Fällen von digitalem Identitätsdiebstahl gekommen. Das entspreche einem Anstieg von 56 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Ministerium reagiere darauf, indem es 150 zusätzliche Stellen für Experten im Bereich IT, Datensicherheit und Künstlicher Intelligenz geschaffen habe, berichtet Innenminister Pistorius. Sogenannte Financial Intelligence Officers sollen beispielsweise auch Geldströme von digitalen Währungen wie Bitcoins überwachen.

Weniger Angriffe auf Polizisten, mehr auf Rettungsdienste

Eine gute Entwicklung sieht Landespolizeipräsident Brockmann bei den Straftaten von Flüchtlingen: Hier erfasste die Polizei im letzten Jahr insgesamt 25.073 strafrechtlich relevante Zwischenfälle – Einreisedelikte sind dabei ausgenommen. 2018 waren weniger Flüchtlinge an Körperverletzungen, Diebstahl, Urkundenfälschung oder dem Erschleichen von Sozialleistungen beteiligt als im Vorjahr; der Rückgang beträgt insgesamt sieben Prozent. Brockmann geht davon aus, dass die finanzielle Absicherung und die besseren Rahmenbedingungen für Flüchtlinge diese Entwicklung begründen. „Ankommen heißt auch Ankommen im Rechtsstaat“, bewertete Pistorius den Trend. Genau wie in der Gesamtstatistik gab es allerdings auch hier bei den Sexualdelikten einen Anstieg – 568 Fälle wurden 2018 erfasst, 25 mehr als ein Jahr zuvor.

Einen Rückgang verzeichnet die Statistik zwar bei den Angriffen gegen Polizisten: von 3179 Fällen in 2017 auf 3004 in 2018. Seit 2012 kontinuierlich steigend sind aber die Fallzahlen bei denen Rettungskräfte Opfer wurden. 245 Fälle wurden im letzten Jahr registriert, das sind 30 mehr als noch 2017. Pistorius fand dazu klare Worte: „Jeder Angriff auf Rettungskräfte ist absolut inakzeptabel, verwerflich und nicht zu entschuldigen. Wer Rettungskräfte angreift, greift den Rechtsstaat an.“