Die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten haben sich am Mittwoch auf eine Lockerung der strengen Kontaktbeschränkungen wegen der Corona-Krise verständigt. Dabei wurde die allgemeine Erwartung enttäuscht, dass das öffentliche Leben am 20. April umfangreich wieder aufleben kann.

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Zum einen werden die ersten Schüler erst am 27. April wieder die Schule besuchen können, dies betrifft aber zunächst die Abschlussklassen – also die 10. und die 13. Klassen. Eine Woche später, am 4. Mai, sollen weitere Schulklassen folgen können, nämlich die nächsthöheren, also die 9. und 12. Klassen. Was für die 4. Klassen gilt, soll das Kultusministerium am heutigen Donnerstag mitteilen. Vom 20. April an sollen allerdings sämtliche Einzelhandelsgeschäfte wieder öffnen können, sofern sie ihre Verkaufsfläche auf eine Größe von maximal 800 Quadratmetern beschränken. Für den Autohandel, den Fahrradhandel, den Buchhandel und die Baumärkte gilt diese Größenbegrenzung nicht. Die Gaststätten und Hotels müssen weiter geschlossen bleiben. Großveranstaltungen wie Konzerte, Theateraufführungen, Schützenfeste oder andere Volksfeste bleiben zunächst bis Ende August untersagt. Ob unterhalb einer bestimmten Teilnehmerzahl eine Lockerung möglich ist, berät die Landesregierung noch.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagte, dass man derzeit prüfe, inwieweit für politische Demonstrationen und Kundgebungen Ausnahmen zugelassen und wie diese ausgestaltet werden können. Sowohl die Versammlungsfreiheit wie auch die Glaubensfreiheit stehen unter einem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Die Bundesregierung will mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften gezielte Gespräche führen mit dem Ziel, auch hier Ausnahmen vorsehen zu können.

Weil wies noch auf weitere Besonderheiten und Neuerungen hin:

Kreise können Regeln verschärfen: In der neuen Landesverordnung, die ab 20. April gelten soll und heute konkret erarbeitet wird, behalten die Kreise und kreisfreien Städte das Recht, für ihre Gebiete verschärfte Regeln und Verbote zu verhängen.

Kontaktverbote bleiben bestehen: Das Verbot von privaten Feiern und größeren Festen dürfte nicht gelockert werden, sagte Weil. Dieses Kontaktverbot habe sich bewährt, denn deswegen habe sich das Virus bisher nicht so stark ausbreiten können.

Kindergärten weiterhin zu: Die Kindergärten bleiben geschlossen, aber die Angebote einer Notbetreuung für Eltern, die arbeiten müssen, sollen erweitert werden.

Der Ministerpräsident sagte, eine gefährliche Phase in der Corona-Krise sei überstanden. Da das Virus noch nicht aus dem Alltag verschwunden sei, würden Kanzlerin und Ministerpräsidenten im Abstand von zwei Wochen die Maßnahmen und ihre Wirkung überprüfen. Dann könnten weitere Lockerungen oder auch Verschärfungen die Folge sein.

Zum Corona-Geschehen gibt es außerdem weitere Neuigkeiten:

Gerichte im Ausnahmezustand: Im Rechtsausschuss des Landtags räumte das Justizministerium ein, dass die ersten Erlasse Ende März von einigen Gerichten „extrem ausgelegt“ worden seien – mit der Konsequenz, dass im großen Stil Verhandlungen abgesagt wurden. Dann habe das Ministerium nachgebessert und Veränderungen erreicht. Jetzt laufe ein eingeschränkter Dienstbetrieb, hin und wieder gebe es auch Prozesse. In den Gerichten werde der Publikumsverkehr auf ein Minimum beschränkt.

Justizvollzug mit Quarantäne: In den Gefängnissen musste mehr Platz geschaffen werden, damit jeder neue Häftling zunächst eine zweiwöchige Quarantäne verbringen kann. So soll verhindert werden, dass das Corona-Virus in den Anstalten Einzug hält. Um dieses Ziel zu erreichen, ist in vielen kleineren Delikten der Vollzug der Haftvollstreckung für sechs Monate und später sogar für ein Jahr ausgesetzt worden. Die Verurteilten müssen später ihre Haft antreten. Das betreffe aber nicht Sexualdelikte, schwere Gewaltverbrechen oder Verurteilte in Staatsschutz-Verfahren. Im Jugendarrest werde der Strafvollzug oft ausgesetzt. Derzeit sind in den niedersächsischen Gefängnissen etwa 200 weniger Häftlinge untergebracht im Vergleich zur Situation Ende März, als die Corona-Krise ihren Anfang nahm. Die Strafverfolgungsbehörden können wegen der Corona-Krise auch ihre Kriminaltechnik nur in begrenztem Umfang einsetzen – auch deshalb, wie ein Vertreter des Justizministeriums im Rechtsausschuss erklärte, weil die Polizei mitteilte, nur noch für sechs Wochen ausreichend Schutzkleidung vorrätig zu haben.