Stephan Weil: „Ich habe die Aggressivität des Systems Putin unterschätzt“
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) glaubt nach eigenen Worten nicht, dass seine eigenen Russland-Kontakte in der Vergangenheit für ihn eine Belastung im bevorstehenden Landtagswahlkampf werden könnten. Auf eine entsprechende Journalistenfrage sagte er bei der Vorstellung des SPD-Wahlprogrammentwurfs: „Alles, was ich getan habe, hat in der Öffentlichkeit stattgefunden.“ Er mache aber „keinen Hehl daraus, dass ich die Bereitschaft zur Aggression und zum Imperialismus des Systems Putin unterschätzt habe“. Weil fügte hinzu: „Das ärgert mich selbst am meisten.“ Gegenwärtig liegt in der Landesregierung ein Fragenkatalog der FDP-Landtagsfraktion vor, der die Beziehungen insbesondere Weils zu Russland näher beleuchtet und die Rolle des früheren russischen Honorarkonsuls Heino Wiese hinterfragt.
Nach Ansicht von Weil kann weder die Ukraine-Politik der Bundesregierung noch das Agieren von Kanzler Olaf Scholz in dieser Frage die Chancen der niedersächsischen SPD im Landtagswahlkampf beeinflussen. „Die Menschen wissen sehr genau, wofür sie ihr Kreuz abgeben. Eine Vermischung von Themen findet weniger statt. Eine Landtagswahl ist eine Landtagswahl.“ Er sei aber natürlich „froh über jede Unterstützung aus dem Bund im Landtagswahlkampf“, am Ende aber gehe es um Landespolitik. Die SPD sei gegenwärtig im Übrigen schon dabei, ihre Russland-Politik zu reflektieren – und dabei müsse man schon sehen, dass es „von Willy Brandt über Helmut Schmidt bis Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel eine Kontinuität gegeben“ habe.
Moskau-Connection ist „blanker Unsinn“
Die Russland-Politik sei über viele Jahre konfliktfrei verlaufen. Jetzt solle „jeder vor seiner eigenen Haustür kehren“. Hinweise auf eine angebliche „Moskau-Connection“ in der niedersächsischen SPD seien „blanker Unsinn“, meinte Weil auf eine Nachfrage von Journalisten. Seine eigene Aussage von vor wenigen Jahren, die Sanktionen gegen Russland würden nichts bewirken, sehe er „wie einen Gruß aus der Küche“. Die heutigen Sanktionen gegen Russland hätten „natürlich eine Wirkung“.
Die niedersächsische SPD veranstaltet gegenwärtig mit ihren 87 Direktkandidaten für die Landtagswahl einen „Konvent“, den Weil „ein großes Trainingslager“ nennt. Dabei wurde ein Leit-Slogan der Sozialdemokraten für den Wahlkampf vorgestellt – „das Land in guten Händen“. Außerdem präsentierte der Vorstand den Programmentwurf, der beim Parteitag am 22. Mai endgültig beschlossen werden soll. Das Papier enthält mehrere Positionen, die an einigen Stellen (etwa zum Thema Investitionsoffensive) nach Weils Ankündigung noch in den Wochen bis zur Wahl konkretisiert werden sollen.
Hier einige Punkte des Entwurfs:
„Niedersachsenfonds“: Die SPD will mit einem Fonds Investitionen für Wohnungsbau, Landes-Liegenschaften, Hochschulen und Krankenhäuser ermöglichen. Das solle „konform mit den Regeln der Schuldenbremse“ geschehen. Nötig seien „schuldenbremsenunabhängige Kredite im Rahmen von Investitionsgesellschaften“ – der Landtag solle aber über ein Beteiligungsmanagement steuern können. Die N-Bank solle „zu einer Investitionsbank ausgebaut“ werden. In diesem Punkt teilt die SPD schon geäußerte entsprechende Forderungen von FDP, Grünen und auch CDU.
Wirtschaftsförderung: Die SPD will sich stärker auf Schwerpunkte der Wirtschaftsförderung konzentrieren – Automobile und Mobilität, erneuerbare Energien und Wasserstoff, Digitalisierung, Land- und Ernährungswirtschaft. Tourismus und Gesundheitswirtschaft kämen hinzu.
Solaranlagen: Bis 2025 sollen auf 30 Prozent aller landeseigenen Flächen und bis 2040 alle landeseigenen Gebäude mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet sein.
Landeswohnungsbaugesellschaft: Die SPD befürwortet die Gründung einer Landeswohnungsbaugesellschaft. Weil räumte ein, die Gespräche mit der Wohnungswirtschaft zur Beschleunigung des Angebots neuer Sozialwohnungen hätten „leider keine Fortschritte gezeigt“. Die SPD wolle nicht gewinnorientierte Genossenschaften und kommunale Wohnungsgesellschaften stärken „durch Bereitstellung von Liegenschaften und öffentlich-rechtliche Partnerschaften“. Das Personal in kommunalen Bau- und Planungsbehörden solle aufgestockt werden. Die Kommunalaufsicht solle berücksichtigen, wenn finanzschwache Kommunen neuen Wohnraum schaffen wollten.
Lehrer: Alle Lehrer sollen mindestens A13 oder E13 verdienen, die schon gestartete schrittweise Angleichung derer, die noch A12 bekommen, solle zielstrebig fortgesetzt werden.
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