17. Sept. 2015 · 
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Weil: Eine ganz bittere Pille

(rb) Hannover/Berlin. Ministerpräsident Stephan Weil hat am Mittwoch im Landtag eine europäische Harmonisierung in der Flüchtlingspolitik gefordert. Die fruchtlose Diskussion innerhalb der Mitgliedsstaaten über eine mögliche Verteilung von bescheidenen 160 000 Flüchtlingen auf die EU-Länder sei für ihn eine „ganz bittere Pille“ gewesen, sagte Weil bei seiner Unterrichtung über die Ergebnisse des Treffens der Ministerpräsident/innen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstagabend. Die dynamische Entwicklung der Flüchtlingsströme innerhalb der letzten Woche „schreit geradezu nach einer europäischen Lösung“; darin seien sich alle 16 Bundesländer einig. Der Ministerpräsident würdigte die von der Bundesregierung am Wochenende eingeführten Grenzkontrollen als Zäsur, aber auch als richtige Entscheidung, die sich die Bundesregierung nicht leicht gemacht habe. Sie sei ein wichtiges Signal an Europa, denn Deutschland sei nicht in der Lage, allein mit Österreich und Schweden diese große Herausforderung zu schultern. Als wesentliche Ergebnisse des Treffens im Kanzleramt nannte Weil die Zusage der Kanzlerin, 40 000 Erstaufnahmeplätze zu schaffen sowie zwei Verteilzentren. Eines dieser Drehkreuze zur Entlastung des Münchener Bahnhofs soll im niedersächsischen Bad Fallingbostel entstehen. Weil will diese Planung, für die noch das Votum der Briten fehlt, „positiv begleiten“. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) soll zudem mit Hilfe des Zolls und der Bundeswehr personell gestärkt werden. Die langwierigen Asylverfahren des BAMF gelten den Ländern als ein wesentliches Hemmnis beim Umgang mit den politischen Flüchtlingen und denen aus wirtschaftlichen Gründen Zugewanderten. Eine Beschleunigung der Verfahren und eine möglichst schnelle Rückführung der Menschen ohne Bleibeperspektive stehen deshalb ganz oben auf der Forderungsliste der Länder. Noch nicht geklärt bzw. verschoben auf das nächste Treffen am 24. September sind Fragen der finanziellen Beteiligung des Bundes, vor allem an der Entlastung der Kommunen. Generell bescheinigte der Ministerpräsident dem Bund ein spürbares Engagement, aber bislang seien dies noch kleine Schritte. Für das nächste Treffen erwarte er schnellere und größere Schritte, sagte Weil. Er forderte zudem eine realistische Strategie der Bundesregierung, falls es auf europäischer Ebene zu keiner Einigung über eine Quotenregelung kommen sollte. In Niedersachsen laufe im Übrigen das Krisenmanagement auf Hochtouren. So seien allein seit der Sondersitzung des Landtags in der vorigen Woche 3200 Erstaufnahmeplätze geschaffen worden, weitere 4000 seien in den nächsten Wochen geplant, kündigte Weil an. Zudem seien in dieser Zeit mehr als 3500 neue Zugänge gezählt worden.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #169.
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