Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat sich in einem Interview erstmals ausführlich zur Büroleiter-Affäre geäußert, die in dieser Woche in einen Untersuchungsausschuss des Landtags münden soll. Im Mittelpunkt steht der Vorwurf, der Regierungschef habe seiner Büroleiterin Aynur C. eine höhere Vergütung gewähren wollen – und er sei mit diesem Ansinnen auf erhebliche Kritik des Beamtenreferats im Finanzministerium gestoßen. Dagegen hatte Weil sich nach Monaten dann durchgesetzt. Vergangenen Freitag hat Weil zu diesen Vorgängen erstmals ausführlich in einem Interview für die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) Stellung bezogen.

Einige Passagen seiner Erklärung sind bemerkenswert. So fragte der Journalist, ob es stimme, dass Weil die neue Vergütungsregelungen gegen Widerstände im Finanzministerium durchgesetzt und dafür sogar Druck ausgeübt haben soll. Weil antwortete: „Nein, das trifft nicht zu. Das Finanzministerium ist für mich der Finanzminister, und mit dem war ich mir sehr schnell einig darin, dass der öffentliche Dienst auch an dieser Stelle flexibler werden muss, um wettbewerbsfähig zu werden.“

Stephan Weil hat sich im NOZ-Interview zu den Vorwürfen geäußert. | Foto: RB

Dieses Zitat hat nun einige Aufregung verursacht. In der Landespressekonferenz wurde die Frage aufgeworfen, ob man die Aussage Weils so verstehen könne, dass für ihn die Fachebene des Finanzministeriums keine Rolle spiele und für ihn ausschließlich Finanzminister Gerald Heere wichtig sei – nicht aber dessen Fachleute in den Abteilungen und Referaten.

In dem NOZ- Interview hatte der Journalist auch noch einmal nachgehakt und die Bedenken der Referatsebene erwähnt. Hier habe es ja mahnende Stimmen gegeben, sagte er. Daraufhin lautete die Antwort von Weil: „Das mag sein, und so etwas gibt es in vielen Konstellationen.“ Muss man diese Erklärung nun als Hinweis darauf verstehen, dass für Weil die fachlichen Bedenken gegen die Höherstufung seiner Büroleiterin, die über Monate im Finanzministerium vorgetragen worden waren, nicht weiter wichtig waren? Regierungssprecherin Anke Pörksen erklärte auf Nachfrage, die Darstellung des Ministerpräsidenten sei durch die Landesverfassung gedeckt.

Brisante Konfliktlinie zwischen Staatskanzlei und Finanzministerium

Die Konfliktlinie zwischen Staatskanzlei und Finanzministerium in der Büroleiter-Affäre ist brisant auch wegen der Tatsache, dass die Warnungen der Beamtenrecht-Referatsleiterin sehr früh schon sehr deutlich vorgetragen worden waren. Sie hatte vor einer „Bezahlung nach Gutdünken“ gewarnt und die Gefahr möglicher Untreue beschrieben. Am Ende ist nun eine Neuregelung herausgekommen, die der Staatskanzlei und den Ministerien eine höhere Vergütung von Mitarbeitern gestattet, ohne dass das Finanzministerium dem noch – wie es bisher war – zustimmen muss. Erst vor wenigen Tagen wurde zudem bekannt, dass die Staatskanzlei die Aufstufung des Gehalts von C. für die Kabinettssitzung am 21. November 2023 terminiert hatte – und zwar bereits am 16. November 2023.



Die Neuregelung, auf der diese Aufstufung basierte, war von Finanzminister Gerald Heere aber erst am 20. November 2023 verfügt worden. Damit hatte Heere sein Okay erst gegeben, nachdem Staatskanzleichef Jörg Mielke die Personalie schon auf die Tagesordnung des Kabinetts gesetzt hatte. Geriet Heere also regierungsintern in Zugzwang? Mit seiner Aussage in der NOZ, für ihn sei „das Finanzministerium der Finanzminister“, bringt Weil seinen Minister zudem in eine schwierige Lage. Der Ministerpräsident erweckt nämlich den Eindruck, er sei sich mit seinem Minister einig gewesen und diese Einigkeit habe sich gegen die Fachebene des Finanzministeriums gerichtet. Damit könnte Weil Heere die Möglichkeit rauben, sich schützend vor die Mitarbeiter seines Ministeriums zu stellen.

In der NOZ räumte Weil auch Fehler ein. Er meinte, man hätte die neuen Rechtsgrundlagen erst schaffen und „zunächst auch den einen oder anderen Fall aus anderen Häusern von der Neuregelung profitieren lassen sollen und erst dann die Büroleiterin des Ministerpräsidenten“. Er habe die folgenden Diskussionen „sicher unterschätzt“.