Was man vom Masterplan Digitalisierung erwarten muss
Darum geht es: Von A wie Arbeitswelt bis Z wie digitale Zugänge: Die ganze Digitalisierung passt kaum in einen einzigen Masterplan, an dem das niedersächsische Wirtschaftsministerium derzeit arbeitet. Worauf sollte die Landesregierung den Fokus legen? Ein Kommentar von Martin Brüning.
„Eine deutliche Veränderung einer grundlegenden Eigenschaft, zum Beispiel der Form.“ So lautet die Definition des Begriffs Transformation. Wie lange diese Veränderung dauert, bleibt offen. Und so weiß auch niemand genau, in welchem Tempo sich die digitale Transformation konkret weiterentwickeln wird. Schon etwas genauer ist dagegen der Zeitplan für den Masterplan Digitalisierung der Landesregierung. „Wir wollen prüfen, ob ein Sonderstaatssekretär im Laufe der Legislaturperiode alle mit dem Breitbandausbau und der Digitalisierung verbundenen Aufgaben zusammenführen und bis Mitte 2018 dem Kabinett einen Masterplan für die Digitalisierung vorlegen soll.“ So steht es im Koalitionsvertrag von SPD und CDU. Obwohl durch den Prüfauftrag eher wachsweich formuliert, wird man inzwischen beim sozialdemokratischen Koalitionspartner etwas unruhig. Wo bleibt denn dieser Masterplan? Müsste er nicht endlich vorgelegt werden?
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Doch so einfach ist es nicht, und das, obwohl man den Masterplan jetzt hervorragend mit dem Sondervermögen von 500 Millionen Euro für die Digitalisierung koppeln kann. Doch welche Schwerpunkte sollte man setzen? Der Glasfaserausbau ist bisher nicht unbedingt am Geld gescheitert. Das komplizierte Antragsverfahren zwischen Kommunen, Berlin und Brüssel hat das Ausbautempo gedrosselt. Hinzu kommt, dass es teilweise gar nicht genügend Tiefbau-Fachkräfte gibt, um die Glasfaserkabel schnell genug in die Erde zu bekommen. Und auch über die Zahlungsbereitschaft von Unternehmen und Anwohnern sollte vielerorts noch einmal gesprochen werden. Denn das schnelle Internet will zwar jeder haben, aber bitte nicht zu einem höheren Preis.
Es ist auch noch nicht klar, wer für den weiteren Glasfaserausbau wieviel bezahlen wird. Wenn sich Bund und Länder darauf einigen, dass die Kommunen das Geld nicht mehr in Berlin beantragen müssen, sondern das Land mit dem Geld aus Berlin die Koordinierung übernimmt, kann das Sondervermögen zum großen Teil möglicherweise für andere Ausgaben genutzt werden. Das kann Vor- und Nachteil zugleich sein, denn die Wunschliste ist lang. Jedes Ministerium hat seine eigenen Vorstellungen. Das Kultusministerium möchte die Schulen ans Netz bringen und die Bildungscloud ausbauen, das Wissenschaftsministerium setzt auf Digitalprofessuren, das Sozialministerium hofft auf neue digitale Möglichkeiten für die medizinische Versorgung auf dem Land und die Verwaltung hört schon seit 25 Jahren den Begriff E-Government.
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Die Gefahr besteht darin, es jedem recht machen zu wollen und auf Schwerpunkte zu verzichten. Das Sondervermögen darf keinesfalls im Projekte-Klein-Klein verplempert werden. Denn eine Vielzahl kleiner Projekte ist kein Konzept und ergibt in der Gesamtheit keine erfolgreiche Digitalisierung. Deshalb muss das Wirtschaftsministerium bei der Vorstellung des Masterplans nicht nur deutlich machen, was es zu finanzieren gedenkt, sondern auch, wofür kein Geld ausgegeben werden soll. Braucht die milliardenschwere Gesundheitswirtschaft wirklich Unterstützung aus Landesmitteln bei digitalen Gesundheitsprojekten? Benötigen mittelständische Betriebe wirklich einen Digitalbonus, um digitale Notwendigkeiten anzugehen? Standen Unternehmer einst nicht einmal für Eigenverantwortung? Inzwischen wird auf Seiten der Unternehmen verdächtig schnell nach staatlichen Fördertöpfen gerufen.
Anstatt Unternehmen finanziell zu fördern, die später massiv vom schnellen Internet und der Digitalisierung insgesamt profitieren werden, wäre es durchaus möglich, das Geld lieber konsequent dort zu investieren, wo der Staat originär zuständig ist. Schulen, Hochschulen und Verwaltung digitalisiert man nicht über sogenannte Leuchtturm-Projekte, sondern über einen konkreten Plan mit durchgehender Finanzierung. Dafür wird man andere Interessierte enttäuschen müssen. Wer keine klaren Entscheidungen trifft, wird analoge staatliche Institutionen in einer digitalisierten Welt haben.