Waldbesitzer raten Toepffer: Kampf gegen den Borkenkäfer muss unbürokratischer werden
Niedersachsens CDU-Landtagsfraktionschef Dirk Toepffer möchte Waldbesitzer beim Umgang mit Extremwetter und Schädlingsbefall stärker unterstützen. „Die Schäden in den niedersächsischen Wäldern sind erschreckend. Nicht nur Fichtenbestände sind durch den Borkenkäfer in ihrer Existenz bedroht, auch große Buchenbestände leiden unter dem Klimawandel. Die Politik hat zu lange gedacht, das wird schon von allein gehen“, sagte Toepffer am Montag bei einem Treffen mit niedersächsischen Waldbesitzern im Landkreis Goslar, bei dem er sich ein Bild von den Waldschäden durch den Klimawandel und den Borkenkäfer machte. „Wir stellen fest, dass das keine einmalige Krise ist. Das wird uns länger begleiten. Wir reden nicht über kurzfristige Maßnahmen, sondern über eine Aufgabe, die mehrere Generationen beschäftigt.“
In den vergangenen Jahren haben ausgeprägte Trockenheit, Stürme und Insektenbefall erhebliche Schäden in Niedersachsens Wäldern verursacht. Von den Förstern und Waldbesitzern wollte Toepffer erfahren, wie diese in ihren Aufgaben unterstützt werden können und was gegen das Waldsterben getan werden könne. Die Maßnahmen zum Schutz des Waldes dienten auch dem Klimaschutz, schließlich würde in Holz eine Menge Kohlenstoff gespeichert. „Wir sind uns mit unserem Koalitionspartner einig, dass wir viel Geld in die Hand nehmen werden. Aber was soll damit genau gemacht werden?“
Neben Sturm, Dürre und dem Borkenkäfer sei die größte Herausforderung für die Waldbesitzer fehlendes Fachpersonal, erklärte Waldbesitzer-Präsident Norbert Leben beim Treffen mit Toepffer. Forstamtsleiter Michael Degenhardt berichtete, er kümmere sich mit 15 Förstern um 27.000 Hektar Wald im Süden Niedersachsens. Er befinde sich „seit 2018 im Katastrophenmodus.“ Die Förster der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWKN) seien nur noch damit beschäftigt, gegen den Borkenkäfer vorzugehen. Zuletzt wurden drei zusätzliche Förster eingestellt und zwanzig Waldläufer ausgebildet. Durch die Entnahme von befallenem Holz und mithilfe von Fangsystemen versuchen die Forstmitarbeiter den Schädling zu beseitigen. Eine eigens von der LWKN programmierte Handy-App soll es geschulten Fachkräften erleichtern, einen gesichteten Borkenkäferbefall zu melden. Doch der Borkenkäfer sei in diesem Jahr mit einer derartigen Wucht ausgeströmt, dass die Fachleute ihm bis heute nicht Herr werden konnten.
Ist ein Baum erstmal befallen, ist er nicht mehr zu retten. Deshalb müsse schnell, eigentlich innerhalb von vier Stunden reagiert werden. Doch die Praktiker ärgern sich über zu viel Bürokratie. „Der Borkenkäfer wartet nicht darauf, dass ein Antrag genehmigt wurde“, frotzelte einer der Waldbesitzer, die bei dem Treffen mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden dabei waren. Von der Landespolitik wünschen sie sich deshalb schlankere Antragsverfahren. Will ein Waldbesitzer oder Förster etwa einen mit Borkenkäfern befallenen Holzschlag begiften, um eine weitere Ausbreitung der Tiere zu verhindern, müsse ein 30-seitiger Antrag ausgefüllt und mit insgesamt acht Unterschriften des Antragstellers versehen werden, sagt Forstamtsleiter Degenhardt.
Forst-Experten wünschen sich „Spezialberater“
Gesichtet werden müssen diese Anträge dann von Fachpersonal, das im Wald aber besser eingesetzt werden könnte. Diesen Mitarbeitern fehle jetzt die Zeit, um erstens die Freiflächen zu erfassen und anschließend zweitens die Kulturplanung zu erstellen. „Das ist ein Wahnsinnsprojekt, das auf uns zukommt, und wir haben keine Kapazitäten, um das zu schaffen“, klagt Degenhardt. Ein Vorschlag aus den Reihen der Forst-Experten: Das Land könnte 25 „Spezialberater für klimastabile Wälder“ anstellen, fünf für jedes Forstamt im Land. Auf diese Weise könnten mehr Waldbesitzer dabei unterstützt werden, jetzt die richtigen Weichenstellungen für ihren Wald zu treffen. Waldbesitzer Alexander Graf von Hardenberg erwartet von der Politik, dass diese Planung vereinfacht werde. Es gebe schon alle Informationen, diese müssten nur endlich intelligent übereinandergelegt und miteinander verschnitten werden, regt er an. Tatsächlich fällt es den Landesforsten und auch Besitzern von größeren Wäldern deutlich leichter, eine Gesamtplanung für ihr Gebiet zu erstellen.
Dabei geht es darum, eine Baumart auszuwählen, die zum Boden passt – auch wenn sich das Klima weiter verändert und die Durchschnittstemperaturen um zwei Grad Celsius ansteigen. Doch hier droht eine Spaltung zwischen den großen und den kleinen Betrieben, die zu dieser Planung nicht in der Lage sind. Es sind auch gerade die Besitzer von kleineren Wäldern, die sich immer häufiger fragen müssten, ob die Beseitigung des Totholzes für sie überhaupt noch rentabel sei, erklärte ein Förster. Er regt an, die staatliche Beihilfe hier weiter anzuheben. Toepffer nimmt diese Anregungen mit in die Haushaltsplanung im Herbst.