18. Apr. 2024 · 
Justiz

Wahlmann verspricht: Wir werden jede antisemitische Straftat konsequent verfolgen

Der Brandanschlag auf die Synagoge in Oldenburg am 5. April hat wie ein Schock gewirkt – zumal das in einer Zeit geschah, in der die Judenfeindlichkeit ohnehin zugenommen hat. Nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben viele Juden in Deutschland und auch in Niedersachsen das Gefühl, nicht mehr sicher zu sein. Die SPD beantragte deshalb eine „aktuelle Debatte“ im Landtag – und als Gäste waren erschienen Michael Fürst vom Landesverband der jüdischen Gemeinden, sowie Rebecca Seidler von der Liberalen Jüdischen Gemeinde in Hannover.

Die zentrale Rede für die SPD hielt Justizministerin Kathrin Wahlmann, die drei wichtige Botschaften hatte: Erstens werde künftig jede antisemitische Straftat, die angezeigt wird, auch konsequent verfolgt, eine Verfahrenseinstellung wegen Geringfügigkeit soll es nicht mehr geben. Zweitens werde man auch gegen unterschwelligen Antisemitismus massiv vorgehen. Die Polizei gehe energisch vor. Und drittens verspricht Wahlmann: „Antisemitismus hat keinen Platz in Niedersachsen.“ Der SPD-Justizsprecher Ulf Prange betonte, auch gegen den Antisemitismus im Netz müsse man besser als bisher vorgehen. „Wenn heute jemand im Internet zum Nahost-Konflikt recherchiert, sind 90 Prozent der Ergebnisse antisemitisch geprägt.“ Er sei daher froh, dass es in Göttingen eine zentrale Ermittlungsstelle gegen Hass-Kriminalität gebe.

„Vorsicht ist besser als Nachsicht. Prävention ist besser als der Umgang mit Straftaten“, sagt Justizministerin Kathrin Wahlmann. | Foto: Plenar-TV/Screenshot: Link

In der Landtagsdebatte flammte an anderer Stelle – nur für Insider erkennbar – ein Konflikt zwischen Oppositionsführer Sebastian Lechner (CDU) und Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf. Weil hatte sich am 15. April in einer Kolumne für seine Internetseite mit der aktuellen Situation im Nahen Osten befasst, und zwar unter dem aktuellen Eindruck des iranischen Drohnenangriffs auf Israel, der von den Israelis abgewehrt werden konnte. Der Ministerpräsident schrieb: „Jedenfalls hat sich ein weiteres Mal die Logik gezeigt, die nun schon viele Jahrzehnte lang den Nahen Osten zu einem Pulverfass macht. So wie der Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober geradezu zwangsläufig eine massive militärische Antwort Israels zur Folge hatte, war in den letzten Tagen eine massive Reaktion des Iran erwartet worden. Deeskalation oder gar Schritte zum Frieden sind nicht Teil einer solchen Logik.“

Dieser Satz und Weils Werben für Verständigung lösten bei Kritikern teilweise heftige Diskussionen aus – da die Beschreibung angeblich nicht ausreichend berücksichtige, dass die Feinde Israels, unter anderem der Iran, die Vernichtung dieses Staates zum Ziel hätten. Es sei also nicht die Eskalation zwischen gleichrangigen Partnern, sondern Israel wehre sich dagegen, ausgelöscht zu werden. Weils Kolumne war mit der Überschrift „Auge um Auge“ versehen und damit eine Anspielung auf das Alte Testament als Basis jüdischen Glaubens.

In der von der SPD beantragten Landtagsdebatte meldete sich CDU-Chef Lechner zu Wort und erklärte: „Wenn der Iran 600 Drohnen und Raketen auf Israel feuert, ist das keine Reaktion, folgt auch keiner Logik ,Auge um Auge‘, sondern es ist die Fortsetzung dieses Terrors mit eskalierenden Mitteln gegen Israel.“ Dieser Satz war eine Entgegnung auf Weils Kolumne, ohne dass dies von Lechner oder anderen in der Debatte ausdrücklich so erwähnt worden wäre. Weil selbst verfolgte die Aussprache schweigend.

Lechner warb dafür, dass das Land den Schutz jüdischer Einrichtungen verbessert und notfalls auch Kosten für private Sicherheitsdienste, die vor jüdischen Kindergärten eingesetzt werden, übernehmen muss. Der Grünen-Abgeordnete Pascal Mennen sagte, konsequentes Vorgehen gegen Judenfeindlichkeit müsse alle Menschen beschäftigen: „Antisemitismus tröpfelt wie Gift in unserer Gesellschaft.“ AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann sagte, gegen den Antisemitismus von Rechtsradikalen gehe man schon energisch vor, noch nicht aber gegen Antisemitismus von links oder von muslimischen Gruppen. Hier sei ebenfalls Klarheit nötig. Muslime müssten ständig aufgeklärt werden darüber, dass in Deutschland kein Antisemitismus geduldet werde.

Dieser Artikel erschien am 19.4.2024 in Ausgabe #073.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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