Wer das Gefühl hat, sich auf die Polizei verlassen zu können, der braucht selbst keine Waffe.
Das Gewaltmonopol liegt allein beim Staat und dort gehört es auch hin. Nur Menschen im Staatsdienst und solche, die einen plausiblen Grund und die Befähigung dazu haben, dürfen Waffen tragen. Selbstjustiz gehört nicht in unser Verständnis von Gesellschaft. Was passiert, wenn man dieses Prinzip aufweicht, lässt sich regelmäßig in den USA beobachten. Nun kann man argumentieren, Hannover ist nicht Houston, hier rennt kein Privatmensch legal mit einer automatischen Pistole auf der Straße herum. Doch auch hier gehen Menschen auf die Straße, die eine täuschend echt aussehende Pistole bei sich tragen. Nicht einmal Polizisten können sagen, ob ein Verdächtiger gerade mit einem Pistolenimitat auf sie zielt oder sich tatsächlich ein Projektil im Lauf befindet. In Zeiten von ständiger Alarmbereitschaft wegen Terrorgefahr ist es daher fahrlässig, solche Verwechslungen nicht gesetzlich einzudämmen.
Dazu kommt, dass man die Waffen, deren Nutzung der „kleine Waffenschein“ erlaubt, eigentlich gar nicht braucht. Müsste man einen Grund angeben, um den Schein zu bekommen, hätten die meisten in den vergangenen zwei Jahren wohl gesagt: „Aus Selbstschutz“. Doch der Besitz der Waffen vermittelt nur eine trügerische Sicherheit. Sie mögen einen Einbrecher verjagen können oder jemanden, der einen gerade überfallen will. Aber genauso gut können sie Auslöser für eine Eskalation der Lage sein. Aus nächster Nähe abgefeuert, können Schreckschusspistolen verletzen. Nicht nur den Angreifer, auch ihren Besitzer. Das muss den Menschen wieder stärker klargemacht werden. Waffen jeder Art in der Hand von Laien sind nun einmal gefährlich. Doch damit das bei den Bürgern ankommt, muss der Staat dafür sorgen, dass sie sich wieder sicher fühlen. Das geht nur begrenzt mit Statistiken, aber schon mit mehr Polizisten. Wenn die Staatsgewalt auf der Straße zu sehen ist, vermittelt das den Bürgern das Gefühl: Da ist jemand, der passt auf mich auf. Wer das Gefühl hat, sich auf die Polizei verlassen zu können, der braucht selbst keine Waffe.
Allerdings sollte sich der Staat in einer Situation wie dieser, in der große Unsicherheit ob der eigenen Sicherheit herrscht, auch stärker dafür einsetzen, dass sich seine Bürger in begrenztem Maß selbst verteidigen können. Das Innenministerium hat einen Schritt in diese Richtung gemacht, indem es die Unteren Waffenbehörden auf der Höhe der Antragswelle angewiesen hat, den Antragstellern Alternativen zur Selbstverteidigung aufzuzeigen. Doch es reicht nicht, nur auf sporadische Selbstverteidigungskurse in der Volkshochschule hinzuweisen. Die Angst um die eigene Sicherheit ist ein ernstzunehmendes Problem in der Gesellschaft geworden, vor allem bei Frauen. Konsequent wäre es daher, ein Förderkonzept aufzulegen, das möglichst vielen Frauen – und Männern – ein breites und kostenloses Angebot macht, sich selbst zu verteidigen zu lernen. Denn Selbstsicherung darf keine Frage des Geldes oder des Wohnortes sein.
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