Wähle mich ein bisschen
Darum geht es: Die Grünen haben auf ihrem Parteitag in Oldenburg die beiden Parteivorsitzenden im Amt bestätigt und einen Antrag zur inneren Sicherheit beschlossen. Ein Kommentar von Martin Brüning.
Fast ein Drittel der Grünen-Mitglieder in Niedersachsen ist über 60 Jahre alt, insgesamt fast zwei Drittel sind über 50. Das ging aus einer Grafik hervor, die der Landeschatzmeister auf dem Landesparteitag präsentierte. Nur jedes zehnte grüne Mitglied ist unter 29. Das passende Bild zur Tortengrafik vermittelten am Wochenende die rund 160 Delegierten im Tagungsraum der Weser-Ems-Halle. Wer sich umschaute, sah viel graues Haar. Aber er konnte auch eine Ruhe und Gelassenheit feststellen, die den Grünen nicht immer zu eigen war. Die Grünen sind älter und ruhiger geworden. Man könnte aber auch sagen: arrivierter und ein wenig langweilig.
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Mehr als deutlich wurde das in der Diskussion über den Antrag zur inneren Sicherheit. Die Polizei entlasten, damit sie mehr Zeit für Ermittlungsarbeit hat: Früher hätte eine solche Forderung im Antrag noch zu wilden Diskussionen geführt, zumal so manchem Grünen ein eher kritisches Verhältnis zu den Ordnungskräften nachgesagt wird. In Oldenburg gab es keinen Widerspruch. Allein die Forderung nach einem verschärften Waffenrecht löste eine müde Debatte darüber aus, ob denn Schusswaffen in Privathaushalten wirklich generell zu verbieten seien. Das Argument der Gegner waren dann auch noch ausgerechnet unzumutbare Einschränkungen für Jäger – da musste man sich doch einmal umschauen, um zu prüfen, ob man nicht aus Versehen doch auf dem CDU-Parteitag gelandet ist.
Immer wieder blitzte in den Debatten der Wunsch nach politischer Selbstvergewisserung auf: Wo stehen wir und wer bestimmt eigentlich noch die Themen, über die diskutiert wird? Viele Delegierte machten in ihren Reden deutlich, dass sie sich nicht von den Rechtspopulisten die Agenda bestimmen lassen wollen. Der Leitantrag spricht allerdings eine andere Sprache. Mit der inneren Sicherheit hatten die Grünen ein Thema in den Mittelpunkt gestellt, das im Gegensatz zur Umwelt-, Klima- oder Agrarpolitik kein Herzensthema der Partei ist. Man könnte mutmaßen, dass die Sicherheitsdebatte, die unterschwellig von den Rechtspopulisten immer wieder befeuert wird, dabei doch eine Rolle gespielt haben könnte. Möglich wäre aber auch, dass die Sicherung des Eigenheims für so manches grüne Gutverdiener-Mitglied inzwischen zumindest genauso wichtig ist wie der Kampf für mehr Klimaschutz.
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Die neue grüne Gelassenheit wurde auch bei den Wahlen zum Landesvorstand sichtbar. Trotz der Kritik, die es zuvor am in der Öffentlichkeit weitgehend unsichtbaren Stefan Körner gegeben hatte, fand sich niemand in der Reihe der Delegierten, der den Mut zu oder das Interesse an einer Gegenkandidatur aufbrachte. Körner wurde ein bisschen abgestraft und ein bisschen gewählt. Rund 71 Prozent sind auch für grüne Verhältnisse ein eher schwaches Ergebnis. Auch die 77 Prozent für Meta Janssen-Kucz zeugen eher von Desinteresse der Partei an ihrer Führung.
Die schwachen Ergebnisse bei den Vorstandswahlen und eine kurz aufblitzende alte Streitkultur bei der Debatte um den Islamvertrag sind die letzten Rudimente der jungen Wilden. Ansonsten ist man relativ zufrieden, sogar ein bisschen konservativ und dazu auch noch in der Landesregierung. Bis zur nächsten Landtagswahl ist den Grünen das offensichtlich erst einmal genug.