Am Mittwoch waren noch alle voll des Lobes: Der Vertrag, den die Volkswagen-Spitze mit dem US-Justizministerium geschlossen hat, begrenzt die Strafzahlung auf rund vier Milliarden Euro – das ist weniger als für den schlimmsten Fall befürchtet wurde. Nun wird aber klar, dass im Kleingedruckten eine weitgehende Selbstverpflichtung enthalten ist, die Folgen für die Landtagsarbeit in Niedersachsen hat. Volkswagen bekennt in dem Vergleich mit den US-Behörden seine Schuld, räumt Betrug an Behörden und Kunden ein und auch die Verletzung des US-Umweltrechtes. Sogar die Behinderung der US-Justiz wird von VW eingestanden. Wie es bei diesen „Statement of facts“ offenbar üblich ist, müssen bei künftigen öffentlichen Äußerungen alle VW-Offiziellen, also auch die Aufsichtsratsmitglieder, peinlich genau diese Formulierungen beachten. Wie aus den Bedingungen hervorgeht, für die nun auch eine deutsche Übersetzung in Landtagskreisen kursiert, würde jede auch nur geringste Abweichung von den VW-Bekenntnissen gegenüber der US-Justiz gravierende Folgen haben. Die US-Behörden könnten darin nämlich einen Anlass sehen, die Abmachung aufzuheben – mit der Gefahr einer weit höheren Strafe für den Konzern.

VW gesteht auch die Behinderung der US-Justiz ein

Im „statement of facts“ gesteht VW auch die Behinderung der US-Justiz ein – Foto: Jakob Brüning

Die Vereinbarung hat am Donnerstag eine große Aufregung in niedersächsischen Landtagskreisen ausgelöst. Für heute ist überraschend eine vertrauliche Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses geplant. In Landtagskreisen wird gemutmaßt, dass die VW-Vereinbarung mit der US-Regierung wie ein Maulkorb wirken könnte: Bei jeder Anfrage, die den „Statement auf facts“ irgendwie berührt, müssten die beiden Aufsichtsratsmitglieder der Landesregierung, Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister Olaf Lies, zunächst ihre Antworten mit der Vereinbarung abgleichen, womöglich auch in Kontakt zu den US-Behörden treten. Die Gefahr, durch eine unbedachte Äußerung den Vergleich zu gefährden, sei nämlich viel zu groß, heißt es.

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In Landtagskreisen gibt es aber noch eine andere Interpretation des Vertrages zwischen dem VW-Konzern und der US-Justiz. Der FDP-Abgeordnete Jörg Bode meint, in der Vereinbarung werde ein gravierendes Fehlverhalten von VW eingeräumt, das bisher immer nur vermutet, in Nachfragen im Landtag aber nie klar erläutert worden sei. So hätten Verantwortliche des Konzerns noch nach Bekanntwerden des Diesel-Abgas-Skandals versucht, Beweise zu vernichten und die Ermittler an der Nase herumzuführen. Bode meint, hier stelle sich die Frage nach einer Mitverantwortung des Aufsichtsrats: „Ein Großteil der Strafe, die VW in Amerika zu tragen hat, wäre vermeidbar gewesen, wenn der Aufsichtsrat nach Bekanntwerden des Skandals mit der Faust auf den Tisch gehauen und auf reinen Tisch bestanden hätte. Ein energischeres Handeln wäre auf jeden Fall angebracht gewesen“, sagt Bode gegenüber dem Rundblick. Die Frage der Verantwortung des Aufsichtsrates, damit auch von Weil und Lies, stelle sich jetzt neu.