Vier Vorschläge für die Nord/LB
Darum geht es: Die Eigenkapitalbasis der Nord/LB dürfte zu schwach sein angesichts steigender Anforderungen der Bankenaufsicht. Bevor im Herbst ein EU-Stresstest naht, muss deshalb neues Kapital in die Bank gesteckt werden. Zu den verschiedenen Varianten ein Kommentar von Klaus Wallbaum.
Übermorgen wird Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers, zugleich Aufsichtsratschef der Nord/LB, im Haushaltsausschuss des Landtags berichten. Die Abgeordneten sind gespannt: Welchen Weg wird die Landesregierung dem Parlament zur Stützung der Landesbank vorschlagen? Diskutiert wird über verschiedene Möglichkeiten. Sie alle haben Vor- und Nachteile.
Plan A: Zug um Zug privat
Die bisherigen Eigentümer schießen Kapital nach – und ziehen sich dann, in einigen Jahren, Zug um Zug zurück zugunsten von privaten Teilhabern. Da die niedersächsischen Sparkassen, die Sparkassen aus Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt und auch das Land Sachsen-Anhalt signalisiert haben, dabei wohl nicht mitmachen zu wollen, hängt alles am Land Niedersachsen, das bisher 59,1 Prozent der Anteile an der Bank hält. Der Niedersachsen-Anteil dürfte also stark steigen. Der Kapitalbedarf wird mit 3 bis 3,5 Milliarden Euro beziffert. Nun könnten 1,6 Milliarden Euro, die das Land bisher als „Sondervermögen“ für die Digitalisierung und die Hochschulmedizin zur Seite gelegt hat, zunächst für die Nord/LB-Stützung verwendet werden – da die Investitionen in diesem Bereich erst nach einigen Monaten beginnen dürften, und dann könnten ja bereits private Teilhaber eingestiegen sein und die zusätzlichen Landesanteile wieder an das Land zurückverkaufen. Zur Abwicklung könnte die landeseigene HannBG eingeschaltet werden. Zwei Probleme gibt es: Erstens reicht das „Sondervermögen“ nicht für die nötigen 3 Milliarden Euro, vermutlich müsste das Land zusätzlich noch neue Schulden aufnehmen. Zweitens müsste ein lukrativer Teil der Nord/LB, die Landessparkasse Braunschweig, zuvor von der Bank abgespalten und verselbständigt werden, denn die Sparkassenfamilie wehrt sich vehement und machtvoll gegen die private Beteiligung an einer Bank, zu der auch eine Sparkasse gehört. Diese Abspaltung würde die Nord/LB aber für private Interessenten weniger attraktiv machen.
Plan B: Fusion zu einem kleinen Riesen
Die Nord/LB fusioniert mit der Landesbank Baden-Württemberg, der größten deutschen Landesbank. Ein kleiner Riese wäre geschaffen, und den EU-Forderungen nach einer Neuordnung der deutschen Landesbankenlandschaft käme man einen Schritt entgegen. Privates Kapital bliebe außen vor, das Kapitalproblem der Nord/LB wäre mit dem Zusammenschluss auch so gelöst, auf einen Schlag. Nur: Da die LBBW viel größer ist als die Nord/LB, würden die Stuttgarter den Ton bestimmen, der Bankstandort Hannover könnte geschwächt werden.
Plan C: Landesbeteiligungen zur Nord/LB
Das Land Niedersachsen überträgt Landesbeteiligungen (etwa am Airbuskonzern EADS) auf die Nord/LB und stärkt so die Eigenkapitalbasis der Bank. Hier gibt es zwei große Probleme – der Schritt könnte in Brüssel als verbotene Beihilfe gewertet werden, außerdem ist eine solche Transaktion rechtlich schwierig und praktisch riskant. Man müsste sich vermutlich erst von den Beteiligungen trennen und sie dann von der Nord/LB neu erwerben lassen. Dies könnte den Aktienmarkt massiv irritieren. Das nötige Gewicht für das Nord/LB-Kapital käme auf diesem Weg wohl auch erst zustande, wenn große Landesbeteiligungen wie an Salzgitter AG, VW oder Hannover-Messe in Betracht gezogen würden. Davor schreckt die Politik aber zurück – welcher verantwortliche Politiker spielt schon Poker mit der Landesbeteiligung an Volkswagen?
Plan D: Schrumpfkurs
Die Nord/LB schrumpft, die Landessparkasse Braunschweig wird kommunalisiert, viele Geschäftsfelder werden eingestellt. In diesem Fall hätte sich die Bank durch ihren Rückzug aus dem Markt vor dem EU-Stresstest geschützt. Nur: Auch diese Variante ist so gut wie ausgeschlossen, weil das Land Niedersachsen als größter Aktionär damit eine erfolgreiche Landesbank einfach opfern würde – das könnte als politisches Versagen gewertet werden.
So bleibt bisher der Plan A der wahrscheinlichste, auch wenn er mit der bitteren Konsequenz verbunden sein wird, Steuergeld in die Nord/LB stecken zu müssen – zumindest vorübergehend. Unter den Kaufinteressenten soll auch der US-Investmentfonds Cerberus sein, der erst vor wenigen Monaten die HSH Nordbank erworben hatte. Sollte Cerberus über kurz oder lang auch entscheidenden Einfluss auf die Nord/LB gewinnen, so könnte eine enge Kooperation zwischen der HSH (einst Landesbank für Hamburg und Schleswig-Holstein) und der Nord/LB möglich werden. Für viele ist das eine reizvolle Perspektive.