Die Landesregierung hat für ihren Gesetzentwurf für eine Neuregelung des Psychiatriegesetzes viel Kritik einstecken müssen. Bei einer Anhörung im Sozialausschuss des Landtages erhoben zahlreiche Verbände unter anderem den Vorwurf, dass der Sozialpsychiatrische Dienst geschwächt werden könnte. Im aktuellen Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass der Dienst nicht ausschließlich von einem Facharzt mit abgeschlossener psychiatrischer Weiterbildung geleitet werden muss.

Man könne hier keine Absenkung des Niveaus hinnehmen, sagte ein Vertreter der Niedersächsischen Psychiatriekonferenz und befürchtete, dass es künftig Leiter mit völlig unklaren Qualifikationsmerkmalen geben könnte. Auch die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände bewertete das Vorhaben als Schwächung des Sozialpsychiatrischen Dienstes. Die Ärztekammer Niedersachsen schreibt in einer Resolution, sie halte „das Absenken des Befähigungsniveaus für unvertretbar, zumal die Befähigung nicht im Rahmen einer Prüfung evaluiert werden muss“. Zwar gebe es Schwierigkeiten, entsprechende Leitungsstellen zu besetzen.  Das liegt aber aus Sicht der Ärztekammer unter anderem an der aktuell unattraktiven Bezahlung. Der Landesfachbeirat Psychiatrie befürchtet deshalb auch, dass sich die Kommunen künftig damit „die teure Arztstelle am liebsten ganz sparen werden“ und rät deshalb dringend von der Änderung ab.

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Heftig umstritten ist auch Paragraph 21 im Gesetzentwurf. Dabei geht es um die Behandlung von Patienten gegen deren Willen und die Fixierung von Patienten. Die Landesarbeitsgemeinschaft Psychiatrieerfahrener Niedersachsen schlägt vor, den kompletten Paragraphen zu streichen, weil er nicht mit der UN-Behindertenkonvention im Einklang stehe. Vertreter anderer Verbände kritisierten, die Formulierungen seien viel zu kompliziert. Die Textfassung sei so gestaltet, dass sie für den „juristisch nicht vorgebildeten und auch nicht mit umfangreichen Gesetzeswerken ausgestatten Leser kaum les- und verstehbar sind“, meint Matthias Koller, Vorsitzender Richter am Landgericht Göttingen.

Im Gesetzentwurf wird festgelegt, dass bei einer Fixierung eine durchgängige Beobachtung und regelmäßige Kontrolle sicherzustellen ist. Sowohl der Niedersächsische Pflegerat als auch der Berufsverband für Pflegeberufe fragen sich, was damit konkret gemeint ist. Im Ausschuss wurde auch die Möglichkeit einer Videoüberwachung diskutiert, die teilweise aber auf deutliche Ablehnung stieß. Rose-Marie Seelhorst, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Angehörigen psychisch Kranker in Niedersachsen, begrüßte eine durchgängige Beobachtung und Kontrolle. Sie forderte aber auch, dass nach einer Fixierung ein erklärendes Gespräch stattfinden müsse, welches ebenso wie die Fixierung zu dokumentieren sei.

Ein weiterer strittiger Punkt waren die Befugnisse der Besuchskommission. Die LAG Freie Wohlfahrtspflege hält es für „zwingend erforderlich“, dass die Kommission auch die Betreuungs- und Pflegedokumentationen einsehen kann. Dies soll laut Gesetzentwurf nur noch „mit schriftlicher Einwilligung der betroffenen Person“ möglich sein. Das hält die LAG aber für nicht sinnvoll.

Auch für den Vorsitzenden des Niedersächsischen Ausschusses für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung, Norbert Mayer-Amberg, wird dadurch die Arbeit der Kommission erschwert und eingeschränkt. Die Qualität der Pflege- und Pflegeplanung werde so kaum beurteilbar. Das Einholen von schriftlichen Einwilligungen bei Betreuern oder Bevollmächtigten sei mit einem überschaubaren Aufwand an Zeit und Arbeit kaum praktikabel.