Verwirrung um Haftbefehle bei Razzia im Flüchtlingsheim
Der Fall sorgte für Aufsehen: Bei der Razzia in einem Celler Flüchtlingsheim Mitte Februar wollte die Polizei unter anderem fünf Haftbefehle vollstrecken. Die Gesuchten waren auch da, doch die Beamten rückten ohne sie wieder ab. Nicht einmal Auflagen bekamen die fünf Flüchtlinge, wie sie sonst bei der Aussetzung von Haftbefehlen üblich sind. Drei CDU-Landtagsabgeordnete stellten daraufhin eine Anfrage ans Innenministerium, warum die Haftbefehle nicht vollstreckt wurden. Das Innenministerium begründet das mit einem laufenden Verfahren. Denn die Ermittlungen hätten ergeben, dass die fünf Gesuchten schon einmal abgeschoben worden sind, danach aber illegal wieder einreisten. Die fünf hätten Asylfolgeanträge gestellt und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) prüfe gerade, ob auf dieser Grundlage ein neues Asylverfahren für sie beginnen müsse. Bis dahin würden laut Ministerium „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“, sprich: die Inhaftierung und Abschiebung, nicht durchgeführt.
Der Haftbefehl ist in dieser Sache jedoch etwas irreführend. Denn die Straftat, die die fünf Menschen begangen haben, ist ihre Rückkehr nach Deutschland. Wer abgeschoben wurde und trotzdem ohne eine Genehmigung wieder einreist, der hält sich illegal im Land auf und das kann mit einer Haftstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe belangt werden. Die Sperre kann bei Abgeschobenen, die nicht kriminell aufgefallen sind, bis zu fünf Jahre gelten. Beginnt die Frist, so gibt die Abschiebebehörde eine Ausschreibung heraus. Sie informiert die Polizei- und Grenzbehörden, dass die Person nicht mehr einreisen darf und ordnet eine Festnahme zur Abschiebung an, sollte die Person die Grenze übertreten. Die fünf in Celle gesuchten Menschen hatten es jedoch unbehelligt über die Grenze geschafft und nach ihrer Ankunft einen Folgeasylantrag gestellt. Es ist im Asylgesetz geregelt, dass ein Folgeantrag auf Asyl eine Abschiebehaft nicht ausschließt, solange kein neues Asylverfahren begonnen hat. Doch offenbar sahen Polizei und Staatsanwaltschaft keinen Anlass mehr, die Menschen wegen ihres illegalen Aufenthalts in Haft zu nehmen, da doch genau das gerade auf dem Prüfstand steht. Der Celler Landtagsabgeordnete Thomas Adasch sieht diese Entscheidung jedoch kritisch. „Dass bereits abgeschobene und illegal wieder Eingereiste nicht umgehend in Haft genommen werden, belegt den mangelnden Vollzugswillen der rot-grünen Landesregierung im Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern“, sagt der CDU-Politiker. Der Öffentlichkeit sei diese Haltung nicht mehr erklären.
Es ist unwahrscheinlich, dass die fünf Asylbewerber aus Celle ein Einzelfall sind. Doch wie viele Asylbewerber in Niedersachsen momentan per Haftbefehl gesucht werden, kann das Innenministerium nicht sagen. Der Grund dafür ist die Speicherung der Daten in den Polizeicomputern. Denn für eine Fahndung ist es nach Angaben des Ministeriums nicht wichtig, ob der Gesuchte Asylbewerber ist und welchen Aufenthaltsstatus er hat. Um die Zahl der mit Haftbefehl gesuchten Asylbewerber zu ermitteln, müssten die Haftbefehle und die Daten des Ausländerzentralregisters manuell ausgewertet werden. Das sei bei der Personalsituation derzeit nicht machbar.