Einen Verriss hat es in den Reaktionen der vielen Vereinigungen, Parteien und Interessengruppen nicht gegeben. Zwar wurde Kritik an den Beschlüssen der rot-grünen Landesregierung in ihrem Haushaltsplanentwurf laut, aber vernichtend fiel diese selten aus. Meistens waren es Einwände zu Details. Der vermutlich schärfste Angriff kam von der außerparlamentarischen FDP. Deren Landesvorsitzender Konstantin Kuhle beklagt sich über den mangelnden Mut der Regierung zu einer Konsolidierungspolitik. „Es zeigt sich erneut, dass Sparen für Sozialdemokraten und Grüne ein Fremdwort ist.“

Konstantin Kuhle | Foto: Tomas Lada

Weiterhin fehle eine Aufgabenkritik, und auf die Hinweise des Landesrechnungshofes, die Ministerialbürokratie sei in den vergangenen zehn Jahren viel zu stark aufgebläht worden, gebe es von der Regierung auch keine Antwort. Für Zinsen müsse das Land jährlich bis 2028 eine halbe Milliarde Euro mehr ausgeben als noch vor ein paar Jahren. Kürzungen kämen aber offenbar nicht in Betracht.

Der CDU-Landesvorsitzende Sebastian Lechner sagte, Rot-Grün bewege sich „langsam in die richtige Richtung“, das geschehe aber noch zu zaghaft. So richtig es sei, Geld für neue Medizin-Studienplätze in Oldenburg einzusetzen, so problematisch sei es, die Investitionen in die Forschungsgebäude auf spätere Jahre zu verschieben. Beim Hochwasserschutz die Mittel bis 2048 zu strecken, gehe auch in die falsche Richtung – die CDU werbe für einen 600-Millionen-Pakt zwischen Bund und Land für diesen Zweck.

Quelle: MF

Die CDU rügt, dass 2 Milliarden Euro in eine Rücklage fließen und nicht für die Zukunft des Landes investiert werden. Der AfD-Finanzexperte Peer Lilienthal sagte, die Regierung wolle die Landeswohnungsgesellschaft stärken – und das zeige einmal mehr, dass es sich dabei um „ein Millionengrab“ handele. Es sei also an der Zeit, diese Einrichtung abzuwickeln.

DGB beharrt auf „Niedersachsen-Fonds“

Der DGB-Landesvorsitzende Mehrdad Payandeh meinte, die Regierung verfolge richtige Ansätze, nötig sei aber ein großes Investitionsprogramm. Für Wohnungsbau, Klimaschutz, Kindergärten, Schulen, Hochschulen und Krankenhäuser seien massive Investitionen nötig. Diese könnten über eine landeseigene Gesellschaft abgewickelt werden, die außerhalb des Kernhaushalts angesiedelt ist und eigenständig Kredite aufnehmen kann. Das Modell dazu, ein „Niedersachsen-Fonds“, hat der DGB bereits vor Jahren vorgestellt. Im Finanzministerium wird die Gründung einer landeseigenen Investitionsgesellschaft geprüft, aber ein Ergebnis liegt bisher nicht vor.

Gerald Heere (von links) und Andreas Philippi sprechen am Rande der Haushaltsberatungen in Hannover mit den Gewerkschaftern Andrea Wemheuer (Verdi), Stefan Störmer (GEW) und Mehrdad Payandeh (DGB). | Foto: Marcus Prell

Der Vorsitzende der Gewerkschaft GEW, Stefan Störmer, lobte zwar die Bereitstellung von 2460 neuen Lehrerstellen in diesem und im nächsten Jahr, schränkte die Erwartungen aber gleichzeitig ein: „Dies ist eine notwendige Investition in das niedersächsische Schulsystem, um zumindest den Status Quo aufrechtzuerhalten. Die eingeleiteten Maßnahmen müssen sich im Schulalltag jedoch erst einmal bewähren. Zudem bleibt es abzuwarten, ob die Stellen auch wirklich zu besetzen sind. Vielmehr hätten wir uns jedoch kapazitätssteigernde Maßnahmen gewünscht. Beispielsweise müsste die Abbruchquote im Studium und Referendariat in Angriff genommen werden. Es ist bedauerlich, dass die Landesregierung das Thema Lehrkräfteausbildung nicht anpackt. Zudem müssten die Studienplatzzahlen deutlich angehoben werden. Die derzeitigen Schritte der Landesregierung sichern lediglich den schlechten Stand.“

Die Fraktionschefs von SPD und Grünen, Grant Hendrik Tonne, Anne Kura und Detlev Schulz-Hendel, lobten die Beschlüsse der Koalition, an deren Zustandekommen sie selbst als Zuhörer beteiligt waren. Tonne sagte, es zahle sich jetzt der vorsichtige und vorsorgende Kurs in der Haushaltspolitik der vergangenen Jahre aus – daher sei es möglich, neue Schwerpunkte für Ausgaben zu setzen. Schulz-Hendel meinte, die Fraktionen würden, wenn nötig, bis zur Beschlussfassung über den Haushaltsplan im Dezember im Landtag noch „nachsteuern“.