Insgesamt 125 Ordner mit Akten zu den fehlerhaften Vergaben hat das Wirtschaftsministerium am Mittwoch an den Landtag übergeben. Sie sollen die Informationsgrundlage für den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Vergabeaffäre bilden, der am 1. August die Arbeit aufnimmt. Ob sie allerdings in Gänze und von allen Mitgliedern des PUA eingesehen werden dürfen, ist noch offen. Da die Staatsanwaltschaft gegen die ehemalige Staatssekretärin Daniela Behrens und den ehemaligen Leiter der Pressestelle Stefan Wittke ermittelt, hatte die Justiz das Ministerium im Vorfeld gebeten, die Akten nicht zu veröffentlichen. Wirtschaftsminister Olaf Lies, der bei der ersten Sitzung als Zeuge auftreten muss, versucht nun, einen Mittelweg zu finden.

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Somit wurden die Akten zwar an den Landtag übergeben, ihr Inhalt aber als vertraulich eingestuft. Wer die Akten zu welchem Zeitpunkt einsehen können darf, das will Lies jetzt mit den Obleuten des Ausschusses klären. „Ich will maximale Transparenz und deshalb unterstützen wir die Arbeit des Ausschusses“, sagte Lies. Die Staatsanwaltschaft habe diesem Vorgehen zugestimmt. Insgesamt 109 Aktenordner beziehen sich auf die „Sieben-Städte-Tour“ zur E-Mobilität, bei der die organisatorische Federführung beim Pressesprecher lag. 16 weitere Ordner enthalten die Unterlagen über das Zustandekommen der Webseite www.nds.de, bei der Staatssekretärin Behrens sich zuvor mit der Agentur Neoskop getroffen hatte. Zudem hat die Staatskanzlei über das Wirtschaftsministerium neun Aktenordner einreichen lassen, in denen es um den Claim „Niedersachsen.Klar.“ geht.

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Noch nicht vollständig gesichtet sind jedoch die digitalen Informationen rund um die Vergaben, etwa E-Mails und auf Rechnern gespeicherte Dokumente. Mit dieser Auswertung sind nach Angaben des Ministers zurzeit sieben Mitarbeiter befasst. „Es zeichnet sich ab, dass eine Vielzahl der Vergaben fehlerhaft war“, sagt Lies. Es sei unsauber gearbeitet worden, an manchen Stellen seien Vergaberichtlinien sogar bewusst ignoriert worden. Als Konsequenz soll nun eine Zentrale Vergabestelle im Wirtschaftsministerium alle Ausschreibungen bearbeiten. Sie wird aus vier Mitarbeitern gebildet, die am 1. August mit ihrer neuen Aufgabe beginnen. Damit will Lies den Ausschreibungsprozess aufteilen. In den Referaten soll künftig nur noch festgelegt werden, was gewünscht wird. Die Vergabestelle kümmert sich danach um die Ausschreibung und die Bewertung der Bewerbungen.

Christian Grascha, Obmann der FDP im PUA, hält die Maßnahmen des Ministers für nicht ausreichend. „Herr Lies kann sich daher nicht einfach damit rausreden, mittlerweile eine neue Stelle zur Koordinierung von Vergabeverfahren eingeführt zu haben“, sagt Grascha. „Wenn man, wie in der Vergangenheit, nicht auf die Fachleute hört, bringen strukturelle Änderungen erstmal wenig.“