Vergabeaffäre: Staatskanzlei bleibt wegen „Squirrel & Nuts“ unter Druck
Nach der Affäre um den Berater Michael Kronacher geht es auch im Fall um die Agentur „Squirrel & Nuts“ um Vergabefehler, die direkt in der Staatskanzlei passiert sind. Das ist gestern bekannt geworden – einen Tag, nachdem Ministerpräsident Stephan Weil seinen Staatssekretär Michael Rüter wegen zu enger Beziehungen zu dieser Agentur entlassen hatte. „Squirrel & Nuts“ bekam zwei Aufträge aus der Pressestelle der Staatskanzlei, eine Vergabe an die Agentur wird im Bericht der Landesregierung als problematisch bewertet. Die Opposition im Landtag fordert deshalb erneut die Entlassung von Regierungssprecherin Anke Pörksen.
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Bei der Vergabe im August 2014 ging es um den Facebook-Auftritt des niedersächsischen Ministerpräsidenten. Die Frage sei damals gewesen, ob es nur eine oder zwei Facebook-Seiten geben solle – eine des Ministerpräsidenten und eine des SPD-Landesvorsitzenden. Das erklärte Regierungssprecherin Anke Pörksen in Hannover, die für die damalige Vergabe verantwortlich war. „Wir wollten wissen, wie die anderen Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden in den Ländern das handhaben. Und in der Pressestelle der Staatskanzlei konnten wir so einen Überblick in der kurzen Zeit nicht erstellen“, erklärte Pörksen. Sie selbst sei dazu auch nicht in der Lage gewesen. „Ich habe zu dieser Zeit mit Facebook Neuland betreten. Das war für mich noch ein Buch mit sieben Siegeln.“ Zum Zeitpunkt der Agentur-Anfrage sei Weils Facebook-Seite kurz vor dem Start gewesen, einen Mitarbeiter habe es in Staatskanzlei dafür aber noch nicht gegeben.
Pörksen fragte zuerst bei einem Social-Media-Berater in Hamburg an, der aber frühestens zwei Wochen später die Analyse hätte liefern können. Daraufhin bat sie am 15. August die Agentur „Squirrel & Nuts“ um ein Angebot. Diese erklärte sich bereit, kurzfristig eine entsprechende Analyse zu liefern. Bereits drei Tage später saß ein Mitarbeiter der Agentur direkt bei Weil in der Staatskanzlei. Die Kosten der Beratung lagen bei etwa 1100 Euro.
Ich habe zu dieser Zeit mit Facebook Neuland betreten.“ – Regierungssprecherin Anke Pörksen
„Squirrel & Nuts“ hatte bereits im Landtagswahlkampf 2013 für Weil gearbeitet. Zwar sei Weils Facebook-Seite immer vom Landesverband betreut worden, heißt es aus der SPD. „Squirrel & Nuts“ habe die Partei aber zum Beispiel mit Videos, Bildern und kurzen Texten unterstützt. Am Ende entschied sich die Staatskanzlei für zwei unterschiedliche Facebook-Auftritte. Die Trennung sei die reine Lehre und die juristisch saubere Lösung gewesen, sagte Pörksen. Der Bericht der Landesregierung an den Landtag sieht bei dieser Vergabe an „Squirrel & Nuts“ einen Verstoß gegen die „einschlägigen, vergaberechtlichen, insbesondere haushaltsrechtlichen Bestimmungen.“ Auch die vorgetragene Eilbedürftigkeit greife im Ergebnis nicht.
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Der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss zur Vergabeaffäre, Uwe Schünemann, hält Pörksens Entlassung für überfällig. „Sie hat die Verantwortung für chaotische Verhältnisse. Es ist deutlich geworden, dass Frau Pörksen fachlich nicht geeignet ist“, sagte Schünemann dem Politikjournal Rundblick. Für Schünemann ist Pörksen inzwischen zu einer Belastung für die Landesregierung geworden.
Diese Einschätzung teilt auch der FDP-Obmann im Untersuchungsausschuss, Christian Grascha. „Wenn man die Maßstäbe ansetzt, die für die Staatssekretäre Rüter und Behrens gegolten haben, muss auch die Regierungssprecherin entlassen werden“, meint Grascha. Er spricht von einer „unsäglichen Verquickung zwischen Landes und Parteiinteressen“. Es sei erklärungsbedürftig, ob die Partei durch die zahlreichen Aufträge des Landes an „Squirrel & Nuts“ finanzielle Vorteile bei den eigenen Aufträgen an die Agentur haben. Die niedersächsische SPD weist das als „nicht nur völlig haltlos und absurd, sondern auch ehrabschneidend und an der Grenze zur strafrechtlichen Relevanz“ zurück. „Für die von uns beauftragten Leistungen im Landtagswahlkampf hat,Squirrel & Nuts‘ absolut marktübliche Preise abgerufen“, sagte ein Parteisprecher dem Rundblick. (MB.)