Bankkaufleute sind mit ihrer Ausbildung meistens zufrieden, Elektrotechniker ebenfalls. Die rote Laterne bei Umfragen bekommt immer wieder das Hotel- und Gaststättengewerbe. Das wurde auch kürzlich wieder in der Azubi-Umfrage des Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertages deutlich. Auf die Frage „Würden Sie sich wieder für diesen Ausbildungsbetrieb entscheiden?“ antworteten fast zwei Drittel der Auszubildenden in der Branche mit Nein. Zum Vergleich: Bei den Bankkaufleuten waren es gerade mal zehn Prozent. Woran liegt das?

Christoph Schink ist Bundesjugendsekretär bei der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) und hat selbst eine Ausbildung zum Koch hinter sich. „Die Unzufriedenheit ist groß. Bei den Köchen löst zum Beispiel mehr als jeder zweite seinen Vertrag in der Ausbildung auf“, berichtet Schink. Er sieht bei vielen Betrieben große Organisationsprobleme. „Da geht es nicht nur um Überstunden. Es hapert auf sehr oft an der fachlichen Anleitung und läuft zu unstrukturiert ab“, so Schink. Oftmals würden die Auszubildenden in drei Abteilungen am Tag eingesetzt – wo halt gerade Not am Mann ist.

Hotelbranche: Welcher ist der Schlüssel zu mehr Ausbildungserfolg? - Foto: Kadmy

Hotelbranche: Welcher ist der Schlüssel zu mehr Ausbildungserfolg? – Foto: Kadmy

Das klassische Beispiel sei der Einsatz an der Hotel-Bar. „Dort werden auch Cocktails zu gehobenen Preise verkauft und die Gäste erwarten dementsprechend ein Spitzenprodukt. Wenn ich da als Azubi nicht richtig eingearbeitet werde, dann führt das zu unheimlich viel Frustration“, so der NGG-Bundesjugendsekretär. „Viele Azubis berichten, dass sie da um zwei Uhr nachts gar keinen Ansprechpartner mehr haben und sie sagen: Das war richtig unangenehm.“ Schink ist überzeugt: Es braucht einen Kulturwandel in der Branche. „Sie muss lernen, die Ausbildung ernst zu nehmen. Deshalb braucht jeder Betrieb einen gescheiten Plan für die betriebliche Ausbildung, und den muss man auch einhalten.“ Die Qualität der Ausbildung müsse besser werden.

Das sieht auch Rainer Balke so. Er ist Hauptgeschäftsführer des Dehoga in Niedersachsen und kennt die Probleme in der Branche.  Balke sieht die Ausbildungszahlen mit großer Sorge. „Seit fünf Jahren kämpfen wir in der Branche mit deutlichen Rückgängen. Wir müssen etwas tun – auch für unser Image“, ist der Dehoga-Chef überzeugt. Ein wichtige Faktor sei dabei die sogenannte „Work-Life-Balance“ der Auszubildenden. „In anderen  Branchen gibt es auch Schichtdienst, aber die bekommen die Organisation von Arbeit und Freizeit besser auf die Reihe“, meint Balke. Die Azubis hätten meist kein Problem damit, dass sie mal nachts oder am Wochenende arbeiten müssten. „Die stören sich eher daran, dass sie ihre Freizeit schwer planen können, weil es eben immer wieder Defizite in der Organisation gibt.“ Eine Verbesserung der Ausbildung sei in vielen Betrieben zugleich ein langer Weg: „Ein Koch, der in seiner Ausbildung raue Worte erlebt hat und heute noch so ausbildet, dem muss man immer wieder sagen, dass er das heute anders machen muss“, so Balke.

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Der DGB-Bezirksvorsitzende Hartmut Tölle attestiert zahlreichen Betrieben in der Hotel- und Gaststättenbranche mangelnde Ausbildungsreife. Leistungs- und Zeitdruck sowie eine schlechte Pausenkultur würden immer wieder beklagt. „Viele Betriebe müssen deutlich mehr in die Qualität der Ausbildung investieren“, sagt er im Gespräch mit dem Rundblick. Der DGB in Niedersachsen arbeitet gerade an einer neuen Studie zur Ausbildung in der Branche. Im November soll sie vorliegen.

Wie kann man es besser machen? Wer zu dieser Frage einen Gesprächspartner sucht, landet schnell bei Olaf Feuerstein in Göttingen. Er ist dort Geschäftsführer des Freizeit In, ein 4-Sterne-Hotel mit mehr als 200 Zimmern. Dort gibt es zum Beispiel einmal im Jahr einen „Check-in-Tag“. Dabei zeigen die Azubis des Hotels jungen Menschen, die Interesse an einer Ausbildung haben, ganz praktisch, was sie jeden Tag zu tun haben. Es gibt Kochshows, Cocktail-Shows und jede Menge Antworten auf viele Fragen. „Die jungen Leute vertrauen unseren Azubis, weil sie von ihnen authentische Antworten bekommen“, sagt Feuerstein, der mit den Check-in-Tagen bisher sehr gute Erfahrungen gemacht hat.

„Unsere Branche ist viel zu spät aufgewacht“, meint der Hotel-Geschäftsführer. „Wir haben mit alten Methoden und alten Arbeitszeitmodellen zu spät aufgeräumt.“ Im Gegensatz zu manch anderem, der gerne über die Eignung der jungen Leute klagt, hört man von Feuerstein viel Positives. „Da sind richtig gute Leute dabei.“ Man müsse die Auszubildenden ernst nehmen und ihnen auf Augenhöhe begegnen. Die jungen Leute wollten heute mehr mitgestalten und etwas Sinnhaftes machen.

Es gibt also noch Chancen für das Hotel- und Gaststättengewerbe. NGG-Bundesjugendsekretär Christoph Schink meint, es mache schließlich auch Spaß, in der Branche zu arbeiten. Man habe oft tolle Teams und arbeite mit vielen Menschen zusammen. Die Unternehmen müssten jetzt nur noch die eigenen Ziele auf die Ausbildung übertragen: Mehr First Class, weniger Holzklasse. (MB.)