Unmut in der Fachkommission Inklusion über Tempo der Landesregierung
Bei der Veröffentlichung der Inklusions-Ziele für Niedersachsen, die von der Fachkommission Inklusion erarbeitet wurden, ist Kritik an der Landesregierung laut geworden. Der Bericht der Kommission sei schon vor mehr als anderthalb Jahren an die Landesregierung übergeben worden, sagte die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, Petra Wontorra, bei der Tagung in Hannover. Kerstin Blochberger vom Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern sagte: „Nicht nur ich stelle mir die Frage, was in der Zwischenzeit passiert ist. Die Verwaltung ist etwas langsamer als die tägliche Realität.“ Es dürfe jetzt nicht dazu kommen, dass die Ministerien die Punkte aussuchen, für die es eine politische Mehrheit gebe oder die die Kassenlage zulasse. „Das wäre eine Missachtung der UN-Behindertenrechtskonvention“, so Blochberger.
„Wir haben nicht anderthalb Jahre dazu gebraucht, den Bericht zu lesen“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil, der seine Rede langsam und in einfacher Sprache hielt. „Wir haben die Zeit gebraucht, um uns damit auseinanderzusetzen.“ Alle Menschen sollten in Deutschland die gleichen Rechte haben. Das dürfe aber nicht nur auf dem Papier stehen. Deutschland müsse bei der Inklusion einen deutlichen Rückstand aufholen. Die USA oder Skandinavien seien schon weiter. „Die Aufholjagd wird einige Zeit brauchen“, sagte Weil.
Aus dem Bericht will die Landesregierung zunächst einen verbindlichen Aktionsplan Inklusion für die Jahre 2017 und 2018 erarbeiten. Er soll laut Sozialministerin Cornelia Rundt spätestens im Januar 2017 im Kabinett beschlossen werden. Rundt forderte in Bezug auf den Bau neuer Häuser und Wohnungen, es müsse künftig die Normalität sein, barrierefrei zu bauen. Anders als heute müsse es die teurere Variante sein, die Barrierefreiheit nicht zu beachten. „Im Sozialministerium wird gerade geprüft, welche Regeln geändert werden müssen, damit Barrierefreiheit zum Standard wird“, erklärte Rundt.
In dem Bericht, der gestern vorgestellt wurde, stehen mehr als 300 Ideen und Maßnahmen für eine bessere Inklusion. Darin geht es zum Beispiel um die Erarbeitung von Mindeststandards für private Bauherren, Weiterbildungen für Übungsleiter in Sportvereinen oder eine bessere Förderung familienentlastender Dienste. Hinzu kommen noch einmal 200 Vorschläge, die laut Sozialministerin Rundt in den Ministerien erarbeitet wurden.
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