Die Kritik scheint angekommen zu sein: Das Umweltministerium will künftig noch stärker auf die Bedürfnisse von Weidetierhaltern im Umgang mit dem Wolf eingehen. Das erklärte Umweltminister Stefan Wenzel gestern im Umweltausschuss. Eine großzügigere Auslegung der Bedingungen für eine Vergrämung oder Tötung und die Aufnahme der Wölfe ins Jagdrecht lehnte er jedoch ab. „Das können wir auf Landesebene nicht entscheiden, das ist Bundesrecht.“ Die CDU hatte in einem Entschließungsantrag unter anderem gefordert, Wölfe zu töten, die sich wiederholt in Ortschaften blicken lassen oder mehrfach Weidetiere gerissen haben. Zudem sollten Jungwölfe und Einzelgänger gejagt werden dürfen, um die Population zu regulieren.

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Etwa 80 Wölfe streifen derzeit durch Niedersachsens Wälder, sie bewegen sich nach Angaben der Landesjägerschaft vor allem in der Heide und im Raum Cuxhaven. Immer wieder fallen einige Tiere auf, weil sie in Weidegehege einbrechen und Schafe, Rinder oder Ziegen reißen. Bauern, deren Vieh zweifelsfrei von Wölfen attackiert wurde, bekommen vom Land einen finanziellen Ausgleich für den Schaden. Auch zu den präventiven Maßnahmen, sprich: Schutzzäune und Hütetiere, können Landwirte aus den von Wölfen besiedelten Regionen eine Förderung beantragen. Momentan übernimmt das Land 80 Prozent der Kosten für die Einrichtung wolfssicherer Zäune und die Anschaffung von Herdenhunden. Umweltminister Wenzel will dieses Angebot jetzt noch erweitern. Auch Hobbytierhalter sollen künftig einen Zuschuss zu wolfssicheren Zäunen bekommen können, und wenn der Zaun nach einiger Zeit erneuert werden muss, soll das Land sich noch einmal beteiligen. Zudem soll neben den Wolfsberatern dieses Jahr das Herdenschutzteam an den Start gehen. Diese Berater sollen Weidetierhaltern beim Einrichten und Pflegen wolfssicherer Zäune helfen oder kurzfristig auch als Beschützer der Herden einspringen. „Wir sind sehr daran interessiert, Nutztierhaltern zu helfen“, sagte Wenzel.

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Gero Hocker, umweltpolitischer Sprecher der FDP, kritisierte Wenzel dafür, dass dieser für die meisten Wolfsrisse der vergangenen Monate die Viehhalter verantwortlich macht, weil deren Maßnahmen unzureichend gewesen seien. Dabei gebe sogar der Umweltminister zu, dass die Zäune keine hundertprozentige Sicherheit von dem Wolf böten. „Sie müssen erklären, was an diesem Verhalten der Wölfe nicht auffällig sein soll“, forderte Hocker. Wenzel hatte zuvor erklärt, dass Wölfe sich zwar hauptsächlich von Wild ernährten, eine Gelegenheit wie mäßig geschützte Weidetiere aber dennoch nicht vergeben würden. Das sei noch kein artfremdes Verhalten. Ebenso natürlich sei es, wenn Wölfe sich Häusern oder Autos näherten. „Tiere erkennen Autos oder Häuser nicht als lebende Wesen und haben deshalb keine Scheu vor ihnen“, sagte Wenzel. Deshalb sei beides momentan nicht als Grund geeignet, um einen Wolf zu vergrämen oder gar zu töten. „Wenn er sich dagegen Menschen nähert, ist das etwas anderes.“ Der Abschuss des Wolfes MT6 im vergangenen Jahr, besser bekannt unter dem Spitznamen „Kurti“, ist für Wenzel der Beweis, dass das Ministerium in solchen Fällen zum Handeln entschlossen ist.

CDU-Umweltsprecher Martin Bäumer wollte unter anderem wissen, warum man den Wolf nicht bejagen könne. Auch, um ihn zu konditionieren, sich von Menschen fern zu halten. Wenzel argumentierte, die Aufnahme ins Jagdrecht ändere an der Situation nichts. Der Wolf stünde unter einer ganzjährigen Schonfrist, doch die Jäger wären dann in der Hegepflicht und müssten im Ernstfall sogar noch für Schäden aufkommen, die der Wolf im Wald anrichte. Studien hätten auch gezeigt, dass ein Abschuss einzelner Tiere keinen Lerneffekt für das Rudel hat, wenn es nicht unmittelbar zusieht. „Zudem betrifft die Jagd auf Wölfe Bundesrecht und muss daher auf höherer Ebene entschieden werden“, sagte Wenzel. Damit beantwortete er auch einen Einwurf des SPD-Abgeordneten Marcus Bosse, der darauf hingewiesen hatte, dass Wölfe in Polen zeitweise gejagt werden dürften.