Umweltminister verstimmt über zurückhaltendes Gutachten zum Wolf
Im Umgang mit dem Wolfsrudel bei Cuxhaven will das Umweltministerium künftig deutlich strenger werden als bisher. Die fünf Tiere, denen zahlreiche Schafs- und Rinderrisse nachgewiesen werden konnten, sollen demnächst jeweils einen Sender um den Hals gehängt bekommen. Greifen sie auch weiterhin Nutztiere an, sollen sie vergrämt werden. Damit geht das Umweltminister Olaf Lies über das hinaus, was die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) empfiehlt. Im Umweltministerium ist man verärgert über das Ergebnis des mit monatelanger Verzögerung versendendeten Gutachtens der DBBW. Denn darin kommen die Experten zu dem Schluss, dass das Rudel in Cuxhaven nur deshalb so viel Schaden anrichten kann, weil die Herdenschutzmaßnahmen zu lax sind. Wie künftig mit den Wölfen umzugehen ist, dazu hält sich das DBBW bedeckt. Doch in der Hoffnung auf eine Klärung hatte das Ministerium die Bundesstelle überhaupt hinzugezogen. Sie sollte beurteilen, ob das Verhalten des Rudels als artfremd bezeichnet werden kann und damit eine Tötung oder Vergrämung der Tiere gerechtfertigt wäre. „Die Stellungnahme der DBBW hat uns keine grundlegend neuen Erkenntnisse gebracht“, sagt Umweltminister Lies.
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Auffällig geworden waren die jungen Wölfe vor allem deshalb, weil sie immer wieder Rinder attackiert und getötet hatten. In der Regel greifen Wölfe große Tiere wie Rinder nicht an, weil sie dabei selbst verletzt werden können. In diesem Fall gehen Experten davon aus, dass die Wölfe nicht gelernt haben, sich ihr Futter im Wald zu erjagen. Der Vater der Tiere galt schon einige Monate nach der Geburt der Welpen als verschollen, die Mutter wurde ein knappes Jahr später illegal erschossen. Wolfsberater vermuten, dass die jungen Wölfe daraufhin die Erfahrung gemacht haben, dass Weidetiere eine leicht zu erlegende Beute sind, vor allem bei der Jagd im Rudel.
Im Herbst hatten Ministerpräsident Stephan Weil und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks bekannt gegeben, dass ständige Übergriffe auf Nutztiere künftig auch als artfremdes Verhalten gewertet und damit ein Grund sein sollen, um Wölfe töten zu lassen. Bislang ist eine Tötung des streng unter Artenschutz stehenden Tiers nur legal, wenn es nachweislich die Scheu vor Menschen verloren hat und damit eine Gefahr darstellt. Die Blaupause für die damalige Ankündigung des Ministerpräsidenten ist das Cuxhavener Wolfsrudel. Vom Gutachten des DBBW hatte sich das Umweltministerium daher ein politisches Signal erhofft, inwiefern das geltende Recht Spielräume für einen strengeren Umgang mit Wölfen erlaubt. Zumal die SPD schon im Wahlkampf deutlich gemacht hat, dass sie sich für die Küstenregionen restriktivere Maßnahmen vorstellen kann, als nur auf wolfssichere Zäune zu setzen. Zeitweise fand sogar der Vorschlag der CDU, in Deichregionen wolfssichere Zonen einzurichten, Zustimmung. „Herdenschutz ist wichtig, aber in Cuxhaven lässt sich so das Problem nicht lösen“, sagt Lies.
Deshalb sollen die Tiere nun erst einmal mit Sendern ausgestattet werden, die die Position der Wölfe regelmäßig ans Wolfsbüro übermitteln und somit ein Bewegungsprofil möglich machen. Sollten die Wölfe weiterhin Nutztiere reißen, so will Lies das Rudel vergrämen lassen. Möglicherweise könnte sich das Problem aber von selbst lösen. Denn seit mehreren Wochen sind kaum Nutztierrisse aus dem Raum Cuxhaven gemeldet worden, Rinder waren nicht darunter. Es könnte bedeuten, dass die Wolfsgeschwister das Alter erreicht haben, in dem sie lieber getrennte Wege gehen, anstatt gemeinsam zu jagen.