Ukraine-Krieg kurbelt den Umschlag und Investitionen an Niedersachsens Häfen an
An den neun niedersächsischen Seehäfen konnten im vergangenen Jahr Rekordwerte verzeichnet werden. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Umschlag in Brake, Cuxhaven, Emden, Leer, Nordenham, Oldenburg, Papenburg und Stade insgesamt um sechs Prozent auf rund 54 Millionen Tonnen.
Damit wurde das beste Ergebnis seit der Finanzkrise von 2008 erzielt, teilte André Heim, Geschäftsführer der Hafenmarketinggesellschaft „Seaports Niedersachsen“, am Montag in der Jahrespressekonferenz der Seehäfen mit. Der russische Krieg gegen die Ukraine hatte demnach großen Einfluss auf die aktuelle Bilanz. Aufgrund des Energieembargos gegen Russland kehrte die Kohle als wesentlicher Energieträger nach Deutschland zurück. Dies trug seinen Teil dazu bei, dass der Umschlag von festen Massengütern im vergangenen Jahr mit fast 15 Millionen Tonnen um 24 Prozent im Vergleich zu 2021 angestiegen ist.
Im Bereich der flüssigen Massengüter betrug der Zuwachs zwar nur zwei Prozent, dieser ist allerdings ebenfalls auf fossile Energieträger zurückzuführen, nämlich auf Erdöl. Bei den Stückgütern gab es hingegen einen leichten Rückgang um zwei Prozent. Während mehr Forstprodukte und Neufahrzeuge als im Vorjahr über die Kaikante gingen, nahm die Zahl der verschifften Container leicht ab. Einen weiteren Effekt der Energiepreiskrise in Folge des Kriegs erkennt man derweil im Rückgang beim Umschlag chemischer Produkte. Insbesondere in Stade sei ein Rückgang um 13,6 Prozent festzuhalten, der auf eine Drosselung der Industrieproduktion in Folge der Einsparvorgaben zurückzuführen sei.
„N-Ports hat in Wilhelmshaven bewiesen, in kürzester Zeit einen LNG-Anlieger realisieren zu können.“
Holger Banik
Zugleich hatte der Krieg in der Ukraine auch massiven Einfluss auf die Investitionen in die niedersächsische Hafeninfrastruktur. Das laufende Jahr sei das Jahr mit den größten Investitionen seit Bestehen der Hafengesellschaft „Niedersachsen Ports“, erklärte deren Geschäftsführer Holger Banik. Rund 175 Millionen Euro würden für den Bau der Infrastruktur in den Häfen eingeplant. Im vergangenen Jahr waren es bereits 117 Millionen Euro.
Besonders stolz sind Land und Betreiber nach wie vor auf das Tempo, mit dem das Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven errichtet werden konnte. „N-Ports hat in Wilhelmshaven bewiesen, in kürzester Zeit einen LNG-Anlieger realisieren zu können. Auch in Stade werden wir pünktlich abliefern.“ Dort werde derzeit nicht nur ein Anlieger, sondern ein Stück neuer Hafen gebaut, erklärte Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) am Montag in Oldenburg. Er rechne mit einer Fertigstellung noch in diesem Jahr, der 22. Dezember habe sich als guter Termin erwiesen, sagte er in Anspielung auf die Inbetriebnahme des ersten Flüssiggasterminals in Wilhelmshaven im vorigen Jahr.
Kritik an dieser neuen Strategie vorwegnehmend, bekannte Lies fast schuldbewusst, dass es sich noch um fossiles Gas handele, das derzeit zur Sicherung der Energieversorgung importiert werde – und womöglich sogar um hochumstrittenes Fracking-Gas. Allerdings werde Deutschland auch in Zukunft bis zu 30 Prozent seiner Energie importieren müssen und die Infrastruktur, die nun an Niedersachsens Küsten errichtet werde, trage dazu bei, in Zukunft auch „ausschließlich grüne Moleküle“ aus Ländern importieren zu können, die aktuell noch nicht zu Energieexporteuren zählten, die aber perspektivisch beispielsweise mit Solartechnik Strom generieren könnten. Das Land habe viel in die Häfen investiert, „denn sie spielen allein schon mit dem in Betrieb genommenen LNG-Terminal in Wilhelmshaven und dem in Bau befindlichen Terminal in Stade eine zentrale Rolle für die Sicherung unserer deutschen Energieversorgung“, sagte Lies.
„Beim Blick in die Zukunft spielen unsere Seehäfen eine ganz maßgebliche Rolle.“
Olaf Lies
Die niedersächsischen Häfen seien aber in doppelter Hinsicht das „Tor zur Energie“, führte der Minister weiter aus. „Beim Blick in die Zukunft spielen unsere Seehäfen eine ganz maßgebliche Rolle. Denn sie werden das Tor sein für saubere Energie für ganz Deutschland – ob es um die Anlandung von grüner Energie in Form von Strom oder Gas geht oder genauso um den Ausbau unserer Windkapazitäten Offshore, der ganz maßgeblich von unseren niedersächsischen Standorten aus geschehen wird.“
Das Land stelle bereits 100 Millionen Euro für den Offshore-Ausbau in Cuxhaven bereit, weitere Investitionen gemeinsam mit dem Bund und privaten Unternehmen sollen folgen. „Diese Investitionen werden sich doppelt auszahlen, denn der Umschlag in den Häfen wird weiter steigen, und gleichzeitig werden die Standorte immer interessanter für Investitionen von Unternehmen in die landseitige Terminal-Infrastruktur zum Import etwa von grünem Wasserstoff.“ Weil der Satz gelte, dass die Industrie der Energie folge, rechnet Lies mit der Ansiedelung zahlreicher Unternehmen, die wiederum zahlreiche tarifliche Industriearbeitsplätze in den Norden brächten.
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