Die Gewerkschaft Verdi geht mit Forderungen von insgesamt sechs Prozent in die Tarifrunde für den öffentlichen-Dienst der Länder. Heute ist Verhandlungsauftakt in Berlin. „Der öffentliche Dienst hinkt hinter der privaten Wirtschaft und damit auch hinter der gesamten Einkommensentwicklung deutlich her. Dadurch ist keine Attraktivitätssteigerung analog zu anderen Wirtschaftszweigen zu erkennen. Deshalb geht es auch darum, Anschluss zu halten“, sagte Detlef Ahting, Verdi-Landesbezirksleiter in Niedersachsen. Nach Zahlen der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sind die Tarifentgelte im öffentlichen Dienst seit dem Jahr 2000 um knapp 41 Prozent gestiegen. In der Gesamtwirtschaft gab es dagegen eine Steigerung von fast 45 Prozent, in der Metallindustrie sogar von nahezu 52 Prozent. Auch die Beschäftigten von Bund und Kommunen seien den Mitarbeitern in den Ländern nach der jüngsten Tariferhöhung um vier Prozent voraus, erklärte Ahting.

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In der Erhöhung von sechs Prozent, die Verdi in dieser Tarifrunde fordert, soll ein Sockel- oder Mindestbetrag enthalten sein, der für alle in gleicher Höhe ausgezahlt werden soll. Auf diesen Sockelbetrag kommt dann der Prozentwert, auf den sich die Tarifpartner einigen müssen. Darüber hinaus fordert Verdi unter anderem die Einführung einer sechsten Stufe in gleich mehreren Entgeltgruppen. Diese Stufe gibt es laut Verdi in Bund und Kommunen, nicht aber in den Ländern. Die Entgelte für Auszubildende und Praktikanten sollen um 90 Euro erhöht werden. Verdi hält eine deutliche Einkommenserhöhung angesichts der Steuereinnahmen für problemlos finanzierbar.

Quelle: Hans-Böckler-Stiftung

Tarifentgelte: Der öffentliche Dienst hinkt hinterher  –  Quelle: Hans-Böckler-Stiftung

Einen weiteren Augenmerk legte die Gewerkschaft auf die Entwicklung der befristeten Arbeitsverträge in den Ländern. Der Anteil der Befristungen im öffentlichen Dienst stieg im Verlauf von zehn Jahren im Bund von etwa 10 auf 15 Prozent und liegt damit in etwa auf demselben Niveau wie der Anteil in der Gesamtwirtschaft. Bei den Kommunen liegt der Wert nur bei etwa sieben Prozent, bei den Ländern hingegen bei 27 Prozent. „Die Zahlen haben uns selbst etwas erschrocken“, sagte Ahting. „Die Politik darf nicht nur in Sonntagsreden Wein predigen und dann Wasser ausschenken. Wir sehen hier absoluten Handlungsbedarf.“ Der niedersächsische Verdi-Chef kritisierte vor allem den hohen Teil von sogenannten „sachgrundlosen Befristungen“. Sie stehen im Gegensatz zu Schwangerschaftsvertretungen oder Projekten, bei denen es einen sachlichen Grund für eine Befristung gibt.

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Ahting kritisierte, das Thema Fachkräftemangel scheine bei den Ländern noch nicht angekommen zu sein. Das sehe man auch im Bereich der Ausbildung, den die Länder seiner Meinung zu lange haben schleifen lassen. „Jetzt merken sie, dass es nicht so einfach ist, neue Kräfte zu bekommen“, so der Verdi-Chef. Auch die fehlende sechste Stufe in manchen Entgeltgruppen sei ein Nachteil der Länder im Wettbewerb mit den Kommunen. Ahting sprach von Verwerfungen, die es allein in der öffentlichen Hand gebe.

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Von den Tarifverhandlungen betroffen sind über 81.000 Beschäftigte und etwa 4000 Auszubildende in Niedersachsen. Verdi fordert, dass das Tarifergebnis auch auf die knapp 130.000 Beamten im Land übertragen werden soll.