In Berlin reichen mittlerweile drei Sätze in einem Koalitionsentwurf – und schon stehen die Lobbyverbände Schlange wie früher die Menschen vor dem Apotheken-Notdienst am Sonntag. Ein Beispiel aus der vergangenen Woche: Die Arbeitsgruppe Gesundheit von Union und SPD hatte Apotheken als „erste Anlaufstelle“ der Gesundheitsversorgung bezeichnet – und nur wenige Stunden später meldete sich ABDA-Präsident Thomas Preis zu Wort. Er forderte die „schnelle Umsetzung“ der Pläne und wünschte sich mehr Geld für die Branche.

Ein nachvollziehbarer Wunsch. Unklar bleibt für mich jedoch, wie man bei der „Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände“ eigentlich auf die Abkürzung ABDA kommt. Wenn das zusätzliche A ein Trick ist, um im Lobbyregister weit oben zu stehen, muss ich sagen: Es funktioniert. Der Fairness halber möchten wir hier aber noch einige andere Präsidenten-Statements veröffentlichen, die uns zu dem Thema erreicht haben. Eine Auswahl in alphabetischer Reihenfolge:

ABBA-Präsidentin Chiquitita Fernando lobte den Kurswechsel bei den Apotheken: „Mamma Mia, wurde aber auch Zeit!“, heißt es in einer Mitteilung. Die Vorsitzende der international anerkannten Interessengemeinschaft der schwedischen Popmusik beklagte jedoch die allgemeine „Gimme! Gimme! Gimme!“-Mentalität in der Gesundheitsbranche. Sie forderte mehr gegenseitiges Vertrauen: „Knowing Me, Knowing You muss künftig auch für Patienten und Politik gelten.“

Der ABC-Präsident (Arbeitskreis Buchstabierkunst) meldete sich ebenfalls umgehend zu Wort. Er betonte, dass „A wie Apotheke“ nicht mehr ohne „F wie Förderung“ und „Z wie Zukunftssicherheit“ gedacht werden dürfe. Man biete der Politik gern eine buchstabierte Version des Koalitionsvertrags an – wahlweise in Lautsprache, Morse-Code oder Reimform.

Präsidenten unter sich: Vertreter der wichtigsten Abkürzungsverbände beraten über die Zukunft der Gesundheitsversorgung. | Foto: mit KI generiert/Link

Der Präsident des ACAB hingegen zeigte sich irritiert. Dass man in Deutschland jetzt ausgerechnet den Apotheken mehr Geld gebe, während seine Klientel weiter pauschal kriminalisiert werde, sei „ein Armutszeugnis“. Der Verband, dessen Öffentlichkeitsarbeit bislang vor allem aus gesprayten Großbuchstaben an Brückenpfeilern besteht, kündigte eine Mahnwache mit Bengalos und Pöbelchor an.

Die Ankündigung, Apotheken zu heilberuflichen Gesundheitszentren auszubauen, sei ein echter „Thunderstruck“, meinte der AC/DC-Präsident. Mit diesen Plänen befinde sich die Bundesregierung endlich auf dem „Highway to Health“.

Der Präsident des ADAC sah sich ebenfalls zu einer Stellungnahme genötigt. Zwar habe man mit Apotheken „erst mal nichts am Hut“. Er fügte jedoch hinzu: „Sollte der Medikamentennachschub ins Stocken geraten, können wir mit dem Gelben Engel einspringen – und auf dem Standstreifen impfen.“

Schließlich meldete sich auch die FDP – oder genauer: die AFDP, wie sie sich nun nennt. Man habe, in Anlehnung an die ABDA, einfach ein A für „Apothekenfreundlich“ vor den Parteinamen gestellt. Der Präsident der AFDP lobte den geplanten Umbau zu heilberuflichen Gesundheitszentren, forderte aber zugleich: „Was wir brauchen, sind weniger Rezeptpflichten – und mehr Start-Upotheken mit digitalem Kassenbon, Lieferdrohne und Kryptowährungsakzeptanz.“ Die Abkürzung AFDP wolle man mittelfristig übrigens wieder ablegen – „es sei denn, das A bringt uns in der Sonntagsfrage weiter nach oben“.

Ob davon je etwas umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur: Die nächste Arbeitsgruppe tagt bestimmt schon – und irgendwo da draußen formuliert gerade ein weiterer Präsident eine Pressemitteilung.

Neue Wege in der Gesundheitspolitik: Wer sich hier nicht verirrt, hat entweder Glück – oder eine Lobby. | Foto: mit KI generiert/Link

Genug der Abkürzungen – jetzt zurück zur Langform des politischen Alltags in Niedersachsen. Das sind die Themen der heutigen Ausgabe:

■ Leitstellen-Labyrinth: Braunschweigs Feuerwehrchef Torge Malchau fordert, was längst selbstverständlich sein sollte: eine einheitliche Steuerung der Leitstellen in Niedersachsen. Im Zweifel hilft nur eins: hoffen, dass der Notruf dorthin durchkommt, wo noch jemand zuhört.

■ Klausur-Knirschen: Der Landesschülerrat schlägt Alarm: zu wenig Zeit, zu viel Stoff, zu enge Terminpläne. Das Kultusministerium verweist auf logistische Zwänge und die Möglichkeit, in Ausnahmefällen eine SMS zu senden. Die Botschaft an die Prüflinge: Lerne leiden, ohne zu klagen.

■ FDP in Findung: Auf ihrem Parteitag in Celle sucht die FDP nach Haltung, Richtung und Anschluss – und findet zumindest: sich selbst. Mit Urwahlplänen, Doppelspitze und viel Selbstkritik soll der Neustart gelingen. Und wenn das nicht reicht, hilft vielleicht eine neue Abkürzung. AFDP wäre noch frei.

Bis zur nächsten Sitzung im Wartezimmer der Wirklichkeit
Ihr Christian Wilhelm Link