Greta Garlichs, die niedersächsische Grünen-Vorsitzende, blickt mit Sorge auf den am Ende der Woche beginnenden Europa-Wahlkampf. Die Stimmung an den Info-Ständen der Parteien sei rauer geworden, berichtete sie am Dienstag bei einem Pressegespräch. Insbesondere am Kröpcke, dem zentralen Platz in der hannoverschen City, habe sie das zuletzt bemerkt.

Ihre Sorge kommt nicht von ungefähr. Erst kürzlich hat Garlichs Parteifreund Béla Mokrys, ein Lokalpolitiker und früherer Mitarbeiter unter anderem von Vize-Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg, einen Angriff auf seine Person an einem Parteistand in der Calenberger Esplanade bekanntgemacht. Klares Urteil: Geht gar nicht!

Kein Save-Space: Wahlkampfstände am Kröpcke (Archivbild) | Foto: Kleinwächter

Wie aber schützt man die Wahlkämpfer vor solchen Übergriffen? Die einfachste Antwort war für viele Jahre: Ab ins Netz! Wahlkämpfe finden immer mehr in den sozialen Netzwerken oder anderen Winkeln des World Wide Web statt. Das ist zumindest physisch die deutlich sicherere Variante, weil die direkte körperliche Konfrontation dort naturgemäß ausbleibt.
Doch längst gilt auch das Internet nicht mehr als schöner Ort der Freiheit und Gleichheit, sondern als wilder Westen, in dem mit Wort und Bild scharf geschossen wird. Die Vernünftigen meiden diese radikalisierten Marktplätze der Digitalwelt längst. Als eine von der demokratischen Mitte verwaiste Wüste wurde zuletzt insbesondere Tiktok identifiziert, wo keine Partei so stark vertreten ist wie die AfD. Aber keine Sorge, ein neuer Sheriff ist in der Stadt: Seit Montag mischt auch das Team des Bundeskanzlers auf der Videoplattform mit.

Place to be: Auch das Team des Bundeskanzlers ist jetzt bei Tiktok dabei | Foto: Screenshot Tiktok

Müssen die niedersächsischen Grünen da jetzt auch mitmachen? Darüber wird am kommenden Wochenende ihr Parteitag, den sie Landesdelegiertenkonferenz nennen, entscheiden. Beantragt wird nämlich, eigens eine Person für die Betreuung eines neuen Tiktok-Kanals einzustellen. Ob das die Lösung ist? Abwarten.

Wir haben noch eine andere Idee für Wahlkampf im Safe-Space, mit der man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann. In der niedersächsischen Landeshauptstadt wird dieser Tage nämlich wieder viel (zu viel) über die künftige Verwendung des Köbelinger Markts diskutiert. Als direkte Anlieger haben wir als Rundblick-Redaktion die Debatte natürlich täglich fest im Blick: Das rot-schwarz-gelbe Nicht-Bündnis im hannöverschen Rathaus möchte nicht, dass dort alle Parkplätze dem grünen Zeitgeist geopfert werden, während OB Belit Onay und die stetig wachsende Grünen-Fraktion im Rat aus einem der „unterentwickeltsten Orte in Hannover“ mehr rausholen möchte. Parken unter Platanen – muss nicht sein.

Parteien unter Platanen: Entsteht hier der Safe-Space zur Europawahl? (Archivfoto) | Foto: Kleinwächter

Wie wäre es nun stattdessen mit einem neuen Experimentierraum für die verbleibenden acht Wochen bis zur Europawahl? Dann heißt es ab diesem Wochenende: Parteien unter Platanen! Auf dem Köbelinger Markt errichten wir die neue niedersächsische Agora für den gepflegten politischen Dialog! Schattig, sicher und garantiert ohne störende Laufkundschaft. Ich würde es begrüßen – und zwar nicht nur, weil dann der Weg zur europapolitischen Podiumsdiskussion für mich nicht mehr so weit wäre.



Den Köbelinger Markt lassen wir heute links liegen. Unsere Themen im Rundblick sind diese:

◼ Wohnraum: Wirtschafts- und Bauminister Olaf Lies (SPD) hat die Entwürfe zur Änderung des Niedersächsischen Wohnraum- und Wohnquartierfördergesetzes (NWoFG), der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) und des Niedersächsischen Gesetzes zur Erleichterung der Schaffung von Wohnraum (NESWoG) vorgestellt. Wir fassen zusammen, was drinsteht.

◼ Grüne: Greta Garlichs und Alaa Alhamwi, Doppelspitze der niedersächsischen Grünen, haben berichtet, worum es auf ihrem Parteitag am kommenden Wochenende gehen wird. Mit dabei war auch Viola von Cramon, Aktivposten der Grünen im Europaparlament und ausgewiesene Ukraine-Expertin, die sich auch zu Waffenlieferungen geäußert hat.

◼ Pro & Contra: Finanzminister Gerald Heere (Grüne) berichtet an diesem Mittwoch im Haushaltsausschuss des Landtags über eine „Bürgschaftsangelegenheit“. Angeblich geht es um die Refinanzierung eines 550-Millionen-Kredites, der im November 2024 zurückgezahlt werden muss (wir berichteten). Soll das Land für Kreuzfahrtschiffe bürgen? Die Rundblick-Redaktion wägt ab.

Einen sicheren Mittwoch wünscht Ihnen
Ihr Niklas Kleinwächter