Tageskolumne: Von Fröschen, Gänsen und Bürokraten
Ein Sprichwort sagt: Wenn man das Weihnachtsessen plant, sollte man im Vorfeld darüber nicht mit den Gänsen diskutieren. Abgewandelt geht das auch so: Wer einen Teich trockenlegen will, sollte nicht die Frösche fragen.
Genau das aber hat der scheidende Ministerpräsident Stephan Weil, assistiert von seiner Innenministerin Daniela Behrens, getan: Er hat die eigene Ministerialverwaltung gebeten, Vorschläge für eine Vereinfachung und Beschleunigung der Abläufe in den Ministerien, Landesämtern und anderen Behörden zu entwickeln. Nichts gegen den Ansatz an sich: Niemand kennt die Berechtigung und den Nutzen von Detailvorschriften besser als die, die sie täglich anwenden müssen. Die Frage ist nur, ob man aus dieser Personengruppe tatsächlich Hinweise für weitgehende, durchgreifende und nachhaltig wirksame Reformen bekommt. Der Verdacht ist, dass das eher nicht der Fall sein wird, da die Insider den Sinn bestehender Vorschriften viel höher einschätzen als Außenstehende. Daher sind Anstöße und Impulse von außen nötig.

In wenigen Wochen wird ein neuer Ministerpräsident seine Sicht der Dinge in diesem Punkt vortragen können. Alles, was im Vorfeld geschrieben wird über das, was Olaf Lies als Regierungschef anders machen wird als sein Vorgänger Stephan Weil, gehört in das Reich der Spekulation. Wichtig ist es trotzdem, denn auch Politiker sind dankbar für Anregungen und Tipps. Vielleicht sollte Lies den großen Wurf wagen und anstelle des ramponierten und äußerst schlecht geführten Europaministeriums ein „Ministerium für Bürokratieabbau“ einrichten – vielleicht angesiedelt in der Staatskanzlei mit einer eigenen Ministerin? Vielleicht auch nicht mit Wiebke Osigus als Ministerin, sondern mit einer anderen SPD-Politikerin? Parallel könnte die quirlige Anke Pörksen, bisher Regierungssprecherin, die neue Botschafterin Niedersachsens in Berlin werden als Leiterin der Landesvertretung. Das wäre für beide, für Pörksen wie für das Land Niedersachsen, ein Gewinn.
Der einzige Nachteil eines „Ministeriums für Bürokratieabbau“ wäre der folgende: Der designierte Ministerpräsident Lies hätte, wenn er das täte, nicht mehr den Preis für Originalität verdient. Denn der designierte Kanzler Friedrich Merz hat just vorgestern ein eigenes neues „Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung“ angekündigt. Bleibt nur zu hoffen, dass sich diese Einrichtung nicht darauf beschränkt, die Ministerialverwaltung nach Verbesserungsvorschlägen zu fragen – so wie die Gänse vor Weihnachten und die Frösche beim Trockenlegen von Teichen. Da wird Merz aufpassen müssen.
Um beides, um Bürokratie und Teiche, geht es heute auch im Rundblick:
- Umweltminister Meyer erklärt, wie er den schlechten ökologischen Zustand der Flüsse und Seen verbessern will.
- Die Vertreter der Wirtschaft in Niedersachsen bewerten den neuen Koalitionsvertrag.
- Der Rundblick liefert eigene Vorschläge zum Bürokratieabbau – ohne vorher die Verwaltung gefragt zu haben. Heute der erste Teil einer Serie, Anne Beelte-Altwig beleuchtet die Pflege.
Ich wünsche Ihnen ein möglichst bürokratiearmes Wochenende,
Klaus Wallbaum
Dieser Artikel erschien am 11.04.2025 in der Ausgabe #070.
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