TagesKolumne: Olympisches Surfen
Als ausgewiesener Sportmuffel (weder machen noch gucken) stelle ich in diesem Jahr mit Verwunderung fest, was es nicht alles für skurrile Disziplinen bei den Olympischen Spielen gibt. Breakdance zum Beispiel, aber auch Drei-gegen-Drei-Basketball. Letzteres war für mich immer nur das, was mein Bruder auf dem Schulhof mit einer Handvoll Kumpel gespielt hat, wenn es für zwei ganze Mannschaften nicht reichte.
In Paris gibt es in diesem Jahr aber noch eine andere Disziplin, die voll im Trend liegt. Die Rede ist hier vom olympischen Surfen auf den wilden Wellen der Empörung. Beobachten kann man diese Spiele eher nicht in Teahupoʻo auf Tahiti unter der Sonne Französisch-Polynesiens. Dafür aber rund um den Globus und rund um die Uhr auf dem eigenen Smartphone:
Es ging ja schon gleich zu Anfang los. Was da im unmittelbaren Nachgang zu den Eröffnungsfeierlichkeiten abging, war doch im Grunde nichts weniger als der epische Kampf zwischen Jesus und Apoll, zwischen veritablem Biedermeier und vermeintlicher Blasphemie. Nicht nur Fox News, nein, auch der Vatikan äußerte sich zu den frevelhaften Darstellungen von Drag Queens und DJanes. Noch bevor man wusste, was man da gesehen hatte, war sowieso jedem schon klar, dass es anmaßend gewesen sein muss, eine bewusste Provokation und in jedem Falle zu verurteilen.
Damit war dann auch der Ton gesetzt für das, was wenig später folgte. Denn genderpolitisch ging es dann auch weiter. War da tatsächlich ein Mann beim Frauenboxen angetreten? Die Meinungswellen erhoben sich schneller als die Meldungen, die Fakten ließen auf sich warten oder zerstoben in der Brandung. Wer ein Smartphone hatte, musste sich dazu verhalten – irgendwie, dafür, dagegen, egal! Wer sich nicht rechtzeitig echauffiert, fällt beim Surfen auf der Empörungswelle schließlich schnell vom Brett!
Wohl denen, die sich diesem tribalen Treiben durch Urlaub entziehen konnten. Nicht reagieren zu müssen, ist doch purer Luxus! (Stefan Birkner weiß das.)
Einen Ort, an dem man zumindest kurzzeitig von sämtlichen Nachrichten unbehelligt bleibt, habe ich vor ein paar Wochen gemeinsam mit Umweltminister Christian Meyer (Grüne) und seiner Entourage besucht. Mitten im Herzen des Nationalparks Harz, wo die Bäume noch grün sind, die Bäche plätschern und das Mobilfunknetz weit entfernt ist, haben wir nach Luchsen gesucht. Tiere im Sommerloch! Auch wir sind davor nicht gefeit…
…unsere Themen im Überblick:
- Luchse: Umweltminister Meyer will die Luchs-Populationen vom Harz bis zum Bayerischen Wald miteinander verbinden, um sie gesund zu erhalten.
- Social Media: Facebook und Co sind nicht nur Treiber der Empörung, sondern auch den Datenschützern ein Graus. Sollten Behörden deshalb lieber zu Mastodon wechseln?
- Bundestagswahl: Klaus Wallbaum analysiert, wie sich die Parteien in Niedersachsen auf die Bundestagswahl 2025 vorbereiten.
Ich wünsche Ihnen einen unaufgeregten Tag
Ihr Niklas Kleinwächter
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
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