TagesKolumne: Mehr Stoppelmarkt wagen
Nach seinem Urlaub kam der Bundeskanzler direkt ins schönste Bundesland der Welt. Am Montag besuchte Olaf Scholz (SPD) den Stoppelmarkt und hielt dort eine launige Rede beim traditionellen Montagsempfang. Wie aus Vechta berichtet wird, sei Scholz dabei selbstironisch aufgetreten – und nahbar.
Sein Parteichef Lars Klingbeil, immerhin ein Niedersachse, wusste, was der Stoppelmarkt verlangt, und hatte es wohl nicht für möglich gehalten, dass der Kanzler dort abliefert. Ob er deshalb bewusst das Weite gesucht hat, um möglichst viel Raum zwischen sich und den Ort des Geschehens zu bringen, ist nicht bekannt.
Auf jeden Fall konnte er sich nicht leibhaftig vom Gegenteil überzeugen, denn der Bundesvorsitzende der Sozialdemokraten weilt dieser Tage in Chicago. Dort wohnt er dem Partei-Convent der US-Demokraten bei, pflegt Kontakte und lässt sich inspirieren. Eindeutig mehr Heimspiel als für Scholz auf dem Stoppelmarkt, möchte man meinen.
Denn Klingbeil ist bekennender US-Wahlkampf-Enthusiast und hat sich schon früher gerne vom Wettstreit zwischen Elefant und Esel einiges abgeschaut. Bereits viel diskutiert wurde beispielsweise seine Sympathie fürs negative campaining – also jene Wahlkampf-Strategie, die weniger die eigenen Inhalte betont, als vielmehr Programm und Personal der anderen schlechtmacht. Man konnte es auch schon diesseits des Atlantiks beobachten.
Kommentatoren landauf, landab geben dem obersten Genossen unterdessen einen anderen Rat mit auf den Weg: Die SPD sollte sich ein Beispiel an den US-Demokraten nehmen und im rechten Moment den Kandidaten austauschen. Klingbeil dürfte nicht der einzige Niedersachse sein, der sich das ganz genau anschaut.
Dass so gedacht wird, weiß aber auch der Kanzler. Nach seinem Erfolg vom Montag tüftelt er deshalb sicherlich bereits an seiner ganz eigenen Wahlkampf-Strategie. Und die lautet auf eine Formel gebracht: Mehr Stoppelmarkt wagen.
Der Inhalt des heutigen Rundblicks lässt sich derweil auf diese Formeln bringen:
- Clan-Kriminalität: Zwei SPD-Ministerinnen verteidigen ihr Lagebild gegen friendly fire aus der eigenen Koalition.
- Meyer-Werft: Eine Entscheidung zur Rettung des Unternehmens steht offenbar kurz bevor.
- Klimakompetenz: Der Klimawandel lässt sich nicht (mehr) aufhalten, deshalb muss man sich auf ihn einstellen. Im Umweltministerium gibt man Tipps, wie die Anpassung gelingen kann.
An diesem Dienstag lädt die Landesregierung zu einer Kabinetts-Pressekonferenz unter der Überschrift: einfacher, schneller, günstiger. Diesen Dreiklang hat man dabei direkt in die Tat umgesetzt und verzichtet darauf, die Landespressekonferenz zu konsultieren. Stattdessen lädt man die Journalisten direkt ins eigene Haus. Das ist mit Sicherheit einfacher, schneller und günstiger … auch für mich persönlich, der ich die Zusammenkunft deshalb nicht leiten muss.
Tun Sie es mir gleich, oder auch dem Kanzler – und starten Sie mit einer Prise Selbstironie in diesen Dienstag!
Ihr Niklas Kleinwächter
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
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