TagesKolumne: Gefährlicher, als man denkt
Studieren ist nicht ungefährlich. Unvergessen bleibt mir ein Versuch, auf einer Uni-Party zu flexen und eine Bierflasche mit dem Ring am Finger zu öffnen. Der Abend endete für die Betroffene in der Notaufnahme – was für sie als Medizinstudentin vielleicht immerhin keine so komplett sinnlose Erfahrung war, wie es für jeden anderen gewesen wäre.
Auch das oberste Regal in der Bibliothek ist tückisch oder das Navigieren durch den Straßenverkehr, wenn der Kopf voll ist mit Rilkes Duineser Elegien. Die gute Nachricht für Studierende in Gefahr: Sie sind versichert, und zwar bei einem Gemeindeunfallversicherungsverband (GUV). Ein Wort, dass sie sich nicht nur für Scrabble merken sollten. Hier enden die guten Nachrichten allerdings auch schon. Denn in Niedersachsen gibt es drei GUV, außerdem noch die Feuerwehr-Unfallkasse (FUK), und die scheinen so wenig miteinander kompatibel zu sein wie evangelisch und katholisch oder wie NDR und Radio Bremen. Seit Jahren wehren sie sich erfolgreich dagegen, zusammengelegt zu werden. Doch jetzt macht ein neuer Referatsleiter im Sozialministerium Druck, wie wir erfahren haben.
Das müsste eigentlich Wasser auf die Mühlen der FDP sein. Die nutzte den am Montag veröffentlichten Haushaltsplanentwurf von Rot-Grün als Steilvorlage, um darauf hinzuweisen, dass die Ministerien seit zehn Jahren immer mehr Personal einstellen. Der Landesvorsitzende Konstantin Kuhle ätzt:
„Es zeigt sich erneut, dass Sparen für Sozialdemokraten und Grüne ein Fremdwort ist.“
Dabei sind sich doch eigentlich alle einig, dass wir mehr Lehrkräfte brauchen. Jetzt hat die Landesregierung neue Stellen geschaffen, und schon gibt es wieder Kritik: Die GEW fragt sich, ob die Stellen überhaupt besetzt werden können, denn viele Lehramtsstudenten werfen schnell wieder das Handtuch. Viel bedrohlicher als entgrenzte Lyrik und ausschweifende Partys (siehe oben) finden sie den Ton im Studienseminar und das Gefühl, mit den völlig falschen Skills vor der Klasse zu stehen. Es gibt ja auch noch andere spannende Studienfächer, zum Beispiel Angewandte Laserphysik. Wer den neu geschaffenen Lehrstuhl dafür in Hannover bekommt, verraten wir Ihnen im Rundblick. Außerdem hat sich unser Wirtschaftschef Christian Wilhelm Link in der Baubranche umgehört: Wieviel Individualität darf es sein und wieviel Fertigbauweise, damit Wohnen günstiger wird?
Falls Sie sich jetzt Sorgen machen, was alles schief gehen könnte auf dem Weg zur Uni, ins Büro oder bei der Berufswahl, dann habe ich zum Schluss noch ein paar aufmunternde Worte des argentinischen Schriftstellers Jorge Luis Borges für Sie:
“Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte: im nächsten Leben würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen.
Ich würde mich mehr entspannen und weniger arbeiten. Ich wäre ein bisschen verrückter, als ich gestern gewesen bin.
Ich würde weniger Dinge so ernst nehmen.
Ich würde mehr riskieren, mir mehr Zeit nehmen Sonnenuntergänge zu betrachten, auf mehr Berge steigen, in mehr Flüssen schwimmen.“
Vielleicht ist heute der richtige Tag, etwas davon auszuprobieren!?
Ihre Anne Beelte-Altwig
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
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