Was würden Sie tun, wenn Sie ins Jahr 2022 zurückreisen könnten? War die Welt damals besser? 2022 hofften wir noch, dass die russische Armee bald aus der Ukraine verschwinden und dass die Frauen im Iran frei sein würden. Wir dachten, Antisemitismus sei das Problem indonesischer Kunst-Sonderlinge, die man vielleicht ein bisschen voreilig ins Rampenlicht der documenta gezerrt hatte. Dass die Ampel eine Fortschrittskoalition sein würde, glaubten nur noch wenige. Aber immerhin hatte das Bündnis Sahra Wagenknecht die etablierten Parteien noch nicht das Fürchten gelehrt.

Man pressing a yellow button with the word now printed on the top, to stop the time and live in the present moment. Composite image between a hand photography and a 3D background.
Nein, man kann nicht ins Jahr 2022 zurückreisen. Auch nicht, wenn man eine Wahl für ungültig erklärt. | Foto: Olivier Le Moal via GettyImages
  • Am Dienstag beriet der Staatsgerichtshof in Bückeburg über die Frage, ob in Niedersachsen die Zeit zurückgedreht und die Landtagswahl vom 9. Oktober 2022 wiederholt werden muss. Eigentlich geht es dabei um den unsäglichen Verdacht, dass AfD-Mitglieder bestochen worden sein könnten, bestimmte Kandidaten auf aussichtsreiche Listenplätze zu wählen. Einige dieser Kandidaten hatten zuvor in eine so genannte „Kriegskasse“ eingezahlt – manche recht bescheidene Summen, andere vierstellig, wieder andere gar nichts. Das Seltsame an diesem Gerichtsverfahren ist, dass es gar nicht zum Ziel hat, eventuelle unlautere Machenschaften zu ahnden und der Politik im besten Fall ein Stück Vertrauen zurückzugeben. Vielmehr soll es darüber zu befinden, ob gut sechs Millionen Wahlentscheidungen für die Katz sind.
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  • Und nein, die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Wenn die Landtagswahl wiederholt werden muss, ist die Welt trotzdem eine andere: Das BSW mischt die politische Landschaft auf. Der Höhenflug der AfD wird kaum durch einen Skandal mehr oder weniger gestoppt werden. Vielen ihrer Wähler dürfte herzlich egal sein, was der Staatsgerichtshof über die Aufstellungsversammlung 2021 zu Tage fördert. Und für die Ampelparteien ist kein Ende der Talsohle in Sicht. Ihrer Partei, der FDP, werden die beiden Beschwerdeführer kaum einen Dienst erweisen, wenn sie Erfolg haben. Im heutigen Rundblick steigen wir tief ein in das Verfahren in Bückeburg. Aber wir beschäftigen uns nicht nur mit der Vergangenheit, sondern auch mit der Zukunft:

  • Endlich anpacken: Der Staatsgerichtshof beklagt den mangelhaften Zuschnitt der Landtagswahlkreise.
  • Endlich schneller: Künstliche Intelligenz soll helfen, die besten Standorte für Windparks zu finden.
  • Endlich einfacher: Die beiden Landesgesellschaften HannBG und NIG sollen verschmelzen.


 
Wenn Sie heute vom Jahr 2022 träumen, dann hoffe ich, dass Ihnen dazu etwas Schöneres einfällt als mir!
 
Ihre Anne Beelte-Altwig