Streit um Section Control: FDP wittert Skandal im Innenministerium
Die FDP im niedersächsischen Landtag wittert einen politischen Skandal, der bis in die Spitze des Innenministeriums reichen soll. Es geht um eine Plakataktion der FDP von Anfang März, mit der die Partei gegen die – inzwischen aus rechtlichen Gründen abgeschaltete – automatische Streckenkontrolle auf der Bundesstraße 6 bei Laatzen protestiert hatte. Wie aus der Antwort von Innenminister Boris Pistorius (SPD) auf eine FDP-Landtagsanfrage hervorgeht, ist die Information über die geplante Aktion frühzeitig über die Pressestelle des Ministers an das Polizeirechtsreferat des Ministeriums weitergegeben worden. Nachdem dies am 6. März gegen 18 Uhr geschehen war, hatte die Polizei in Laatzen um 22.30 Uhr bei einer Kontrollfahrt Bedenken gegen den geplanten Standort des Plakats aus Verkehrssicherheitsgründen geäußert.
Veranlasste das Ministerium selbst die Polizeikontrolle?
Nach Darstellung der FDP wurde das Plakat daraufhin abmontiert und nur deshalb am nächsten Morgen nicht abtransportiert, weil es kurz vor Beginn der für 9 Uhr geplanten FDP-Aktion noch eine Verständigung zwischen FDP und Straßenverkehrsbehörde über einen neuen Standort gegeben hatte. Wie aus den Antworten des Ministers an die FDP-Fraktion klar wird, gab es am Vorabend und am Morgen vor der Aktion eine intensive Kommunikation verschiedener Dienststellen im Ministerium über dieses Thema – darunter zwei Referate für Polizeirecht und Polizeieinsatz, den Landespolizeipräsidenten, das Ministerbüro und die Polizei vor Ort in Laatzen.
Bei der FDP besteht nun der nachhaltige Verdacht, das Ministerium selbst habe zum einen die Polizeikontrolle am Standort des Plakates veranlasst und zum zweiten geplant, die Aktion zu unterbinden. Der übliche Weg, dass sich nämlich die Polizei oder Straßenverkehrsbehörde mit dem Veranstalter der Demonstration (also der FDP) über den richtigen Standort verständigt, sei vom Ministerium gar nicht versucht worden, betonte FDP-Landeschef Stefan Birkner kürzlich in einem Schreiben an den Innenminister.
Auf eine entsprechende Frage, die Birkner an Pistorius gerichtet hatte, erhielt er bisher allerdings keine Antwort. Empört über die Vorgänge zeigt sich der FDP-Fraktionsvize Jörg Bode auf Anfrage des Politikjournals Rundblick: „Das Innenministerium muss die politische Meinungsäußerung ermöglichen und darf diese nicht verhindern. Hier haben sich aber viele Führungskräfte offenbar mit dem Gegenteil beschäftigt und versucht, eine Fraktion des Landtags zu diskreditieren. So ein Verfahren kennt man sonst nur von undemokratischen Staaten. Daher muss hier aufgeklärt werden, wie es dazu kommen konnte. Es muss sichergestellt werden, dass sich so etwas nicht wiederholt.“
FDP und Grüne beantragen Unterrichtung
Inzwischen zeichnet sich ab, dass FDP und auch Grüne für die nächste Sitzung des Landtags-Innenausschusses kommenden Donnerstag zunächst eine Unterrichtung beantragen werden. Sollte sich dann nicht mehr Klarheit ergeben, wird auch über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nachgedacht, heißt es aus FDP-Kreisen. Für einen solchen Schritt hätten FDP und Grüne zwar allein nicht die Mehrheit, sie bräuchten Unterstützung von der AfD oder aus einer der beiden Koalitionsparteien.
Der Vorgang hat noch einen Nebenaspekt: Am Tag, als die FDP-Plakataktion trotz der Demontage des Plakats am Vorabend dann überraschend doch noch stattfand, hatte die SPD-Landtagsfraktion eine Pressemitteilung verschickt, in der sie sich über eine „fulminant gescheiterten Plakataktion der FDP“ amüsierte. Diese Pressemitteilung wurde um 13.57 Uhr verschickt, aber erst acht Minuten zuvor (13.49 Uhr) hatte die Polizei in Laatzen das Polizeirechtsreferat im Innenministerium informiert, dass die FDP ihr Plakat doch aufgestellt habe. Um 14.07 Uhr versuchte die SPD-Landtagsfraktion, ihre Pressemitteilung zurückzuziehen.
Um 14.10 hatte dann das Polizeirechtsreferat die Polizei-Führungsspitze über die Nachricht der Kollegen aus Laatzen von 13.49 Uhr unterrichtet. Um 14.12 Uhr verschickte die SPD-Landtagsfraktion dann die Mitteilung, dass sie ihre Pressemitteilung zurückzieht, da sie eine „Falschinformation erhalten“ habe.
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