Der Streit um die Beihilfen für Busunternehmen in Niedersachsen geht in die nächste Runde – nach Brüssel. Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) hat Beihilfebeschwerde bei der EU-Kommission eingelegt. Der Verband beruft sich auf ein Gutachten des Staatsrechtlers Jörn Ipsen, das er in Auftrag gegeben hatte. Ipsen kommt zum Ergebnis, dass der aktuelle Gesetzentwurf gegen europarechtliche Vorgaben verstößt. „Die Einschätzung der Landesregierung, dass eine Notifizierung des Gesetzes nicht erforderlich ist, halte ich für außerordentlich problematisch“, sagte Ipsen bei der Landtagsanhörung des Gesetzentwurfs Ende August. In den nächsten Tagen soll es im selben Fall eine weitere Beihilfebeschwerde in Brüssel geben. Sie kommt vom Busunternehmen Albers aus Neubörger in der Samtgemeinde Dörpen.

SPD und Grüne im Landtag wollen noch in diesem Jahr die neue Regelung zur Finanzierung der Tickets für Schüler und Auszubildende im öffentlichen Nahverkehr beschließen. Das Geld soll ab Januar nicht mehr vom Land kommen. Stattdessen sollen die Mittel kommunalisiert werden. Wirtschaftsminister Olaf Lies setzt auf eine klarere Struktur. „In Zukunft geben wir zu 100 Prozent denjenigen die finanzielle Verantwortung, die schließlich auch die Aufgabenverantwortung haben“, sagte Lies in einem Interview im August dem Rundblick. Rückendeckung bekommt die Landesregierung unter anderem vom Niedersächsischen Landkreistag, der den Gesetzentwurf für europarechtskonform hält.

Die Busunternehmer befürchten dagegen, dass sie, sollte es zu Beihilferechtsproblemen kommen, im schlimmsten Fall das angenommene Geld Jahre später zurückzahlen müssen. Sie hoffen jetzt auf die EU-Kommission. Der Staatsrechtler Ipsen sehe eine hinreichende Aussicht auf Erfolg, heißt es beim GVN. Hintergrund sei die Beschlusspraxis der EU-Kommission im Parallelfall des Landesgesetzes in Rheinland-Pfalz. Dabei hatte die Kommission im Januar 2014 das dortige Verfahren notifiziert.

Eine Entscheidung, ob die Kommission die Beihilfebeschwerde annimmt, könnte spätestens im November fallen. Dann droht dem Land ein Prüfverfahren in Brüssel. Eine neue gesetzlichen Regelung im Januar 2017 wäre dann unwahrscheinlich.

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