Im Streit um die geplanten Strafzölle auf Stahl und Aluminium sind Branchenvertreter auch wegen der langfristigen Folgen der Entscheidung besorgt. Man sei sich einig, dass es jetzt nicht zu einer Eskalation eines sogenannten Handelskrieges kommen dürfe, meinte Wirtschaftsminister Bernd Althusmann nach einem Gipfeltreffen in Hannover mit Vertretern der Stahl- und Aluminiumindustrie sowie der IG Metall.

„Wir sollten zur Besonnenheit, zu Maß und Mitte und an den Verhandlungstisch zurückkehren“, sagte Althusmann dem Politikjournal Rundblick. Der Wirtschaftsminister hält jetzt eine enge Abstimmung der Länder und eine klare Positionierung für nötig. „Wer droht, der will verhandeln“, sagte auch der Vorstandsvorsitzende der Salzgitter AG, Jörg Fuhrmann mit Blick auf US-Präsident Donald Trump. In der Industrie gebe es nach dessen Ankündigungen Sorgen, aber keine Panik. Für Christian Budde, Sprecher des Verbandes Niedersachsenmetall, muss Europa in der Frage der Strafzölle mit einer Stimme sprechen. Eine weitere Eskalation dieser Handelsauseinandersetzung müsse unbedingt vermieden werden.

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Von der Auseinandersetzung sind nicht nur rund 10.000 Arbeitsplätze in der Stahl- und 4000 in der Aluminiumindustrie in Niedersachsen betroffen. Bei einem längeren Streit und einer weiteren Eskalation könnte im Extremfall auch Kurzarbeit bei den 350.000 Stellen der verarbeitenden Industrie drohen. Branchenvertreter befürchten eine Negativ-Spirale, die mit den US-Strafzöllen von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium ihren Anfang nehmen könnte.

In den USA wird weiterhin nicht genügend Stahl und Aluminium produziert und die dortige Stahlindustrie hinkt nach Meinung von Brancheninsidern technologisch 30 Jahre hinter der europäischen Industrie her. Deshalb werden die Metalle weiterhin importiert werden müssen – werden allerdings durch die Zölle teurer. Eine Folge: Die Preise von Autos, die in den USA produziert werden, dürften steigen. Das betrifft übrigens auch die deutsche Industrie, denn von den 1,35 Millionen deutschen Autos, die jährlich in den USA verkauft werden, werden fast zwei Drittel in den USA produziert. Wenn in den USA produzierte Autos durch die Zölle für die Verbraucher nun teurer würden, könnte das im Extremfall zu neuen US-Zöllen auf Importautos führen, um hier wieder Augenhöhe herzustellen. Die Zoll-Spirale würde sich damit weiterdrehen, das Problem würde noch einmal größer.

Billig-Stahl könnte Europa überschwemmen

Die Industrievertreter formulierten auf dem Gipfel in Hannover zudem die Sorge, dass durch die neuen Zölle in den USA Umleitungseffekte entstehen könnten. So könnte Billig-Stahl und -Aluminium aus Osteuropa und Asien nun in die Europäische Union umgelenkt werden. Um sich dagegen zu wehren, sieht Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, mehrere Möglichkeiten. „Es gibt den Gang vor die Welthandelsorganisation WTO, die Möglichkeit von Gegenmaßnahmen und von Schutzzöllen. Ich glaube, wir sollten alle Wege beschreiten“, sagte Kerkhoff dem Rundblick. Allerdings sei der Gang vor die Schiedsgerichte der WTO ein langwieriger. Für die Stahlindustrie sei aber entscheidend, dass rasch gehandelt werde. Denn nach Berechnungen der Stahlindustrie gehe es um 13 Millionen Tonnen. Der WV-Stahl-Präsident schlägt deshalb Zollkontingente vor, um die Mengen zu begrenzen. „Im Gegensatz zum Plan von Donald Trump ist dieses Instrument WTO-konform“, so Kerkhoff. Schließlich handele es sich dabei um Schutz- und keine Strafzölle.

Bei der WirtschaftsVereinigung Metalle befürchtet man derweil auch, Trumps Pläne das Potential haben, „den kompletten Welthandel durcheinander zu würfeln.“ Hauptgeschäftsführerin Franziska Erdle warnt vor einer „handelspolitischen Spirale der Abschottung“. „Diese Entwicklung könnte fatale Folgen für die deutsche Industrie insgesamt haben und zu rückläufigen Wachstumsraten führen“, heißt es in einem Positionspapier des Verbands.