Die niederschmetternden Ergebnisse der SPD und auch der Christdemokraten bei der Europawahl sind von den führenden Landespolitikern am Sonntagabend sehr enttäuscht aufgenommen worden. Ministerpräsident Stephan Weil, zugleich Landesvorsitzender der niedersächsischen SPD, sagte gegenüber dem NDR: „Wir haben in Berlin jetzt jede Menge zu beraten, dabei geht es nicht in erster Linie um Personaldiskussionen. Wir stellen uns neu auf. Unsere bisherigen Bemühungen lassen erkennbar den Erfolg vermissen, das müssen wir ändern. Einen solchen Abend möchte ich nicht noch einmal erleben müssen.“

https://twitter.com/MpStephanWeil/status/1132681797005991937

Auch Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, zugleich Landesvorsitzender der niedersächsischen CDU, übte Selbstkritik. Das Ziel, die Union in Deutschland bei der Europawahl deutlich über 30 Prozent zu platzieren, sei verfehlt worden. Die Partei habe auf Bundesebene teilweise orientierungslos gewirkt, dies müsse sich ändern.

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Zufrieden zeigte sich Anja Piel, Fraktionschefin der Grünen im Landtag. Das gute Abschneiden ihrer Partei bei den Europawahlen sei ein Auftrag, die Themen des Klimawandels, des Tierschutzes, der Agrar- und Verbraucherschutzpolitik „stärker nach vorn zu bringen“.

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Stefan Birkner, FDP-Landeschef, sieht nach dem eher bescheidenen Abschneiden der Liberalen auf Bundesebene Bedarf für Änderungen „beim Auftreten und auch bei den Inhalten“. Die Partei müsse klären, warum sie von dem starken politischen Veränderungsprozess nicht profitieren könne. Zufrieden zeigte sich hingegen die AfD-Landesvorsitzende Dana Guth: Nach einem „schweren Wahlkampf“ habe man ein ordentliches Ergebnis erzielen können.

Prognose: CDU und SPD über den Bundestrend, Grüne stark

Eine NDR-Prognose über das Niedersachsen-Ergebnis zur Europawahl zeigt, dass die CDU mit 29,4 Prozent leicht über dem Bundesergebnis liegt, die SPD mit 20,8 Prozent fünf Punkte über dem Bundesresultat, sie bliebe aber auch in Niedersachsen hinter den Grünen (23,2 Prozent). Die FDP bliebe mit 5 Prozent leicht bundesunterdurchschnittlich, die AfD mit 8 Prozent noch stärker.

https://twitter.com/NDRnds/status/1132713374553444352

In einer Pressemitteilung, die von der SPD Niedersachsen am Abend verschickt wurde, erklärt der Landesvorsitzende Weil ausdrücklich, die Frage der inhaltlichen SPD-Erneuerung „halten wir für absolut vorrangig gegenüber Personaldiskussionen, an denen sich unser Landesverband deswegen auch nicht beteiligen wird“. Tatsächlich hatte es schon in den vergangenen Tagen verstärkte Hinweise auf Pläne einer personellen Neuaufstellung der SPD gegeben.

In diese Spekulationen waren – manchmal offenbar entgegen der Absicht der Beteiligten – niedersächsische SPD-Politiker für hohe Positionen genannt worden. So wird der SPD-Fraktions- und Parteivorsitzenden Andrea Nahles nahegelegt, auf einen ihrer führenden Posten zu verzichten. Sie könne, heißt es, in die Bunderegierung gehen. Dann könnten Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (Peine) oder der künftige hannoversche SPD-Bezirksvorsitzende Matthias Miersch (Laatzen) neuer Fraktionschef werden.

Eine andere Variante sieht vor, dass Nahles den Parteivorsitz abgibt, hier fällt für die Nachfolge immer wieder der Name von Ministerpräsident Stephan Weil. Der Nachteil dieser Lösung wäre, dass dann wahrscheinlich der ebenfalls aus Niedersachsen stammende Generalsekretär Lars Klingbeil sein Amt räumen müsste, obwohl er allgemein einen guten Ruf genießt. Ein hoher SPD-Funktionsträger, der nicht genannt werden will, sagte dem Politikjournal Rundblick: „Entweder Partei- oder Fraktionsvorsitz – eines beider Ämter wird Nahles abgeben müssen, anders geht es nicht.“

Diese Kandidaten ziehen ins Parlament ein

Klar war bis Redaktionsschluss, dass mehrere Niedersachsen ins Europaparlament einziehen werden: David McAllister (Cuxhaven), Jens Giesecke (Emsland), und Lena Düpont (Lüneburg) für die CDU. Ob auch Tilman Kuban (Barsinghausen) eine Chance hat, war noch unklar. Für die SPD werden Bernd Lange (Burgdorf) und Tiemo Wölken (Osnabrück) im EU-Parlament bleiben, bei den Grünen werden Katrin Langensiepen (Hannover) und Viola von Cramon (Göttingen) einziehen, für die FDP Jan-Christoph Oetjen (Rotenburg), für die Tierschutzpartei Martin Buschmann aus Neu Wulmstorf (Kreis Harburg).