Stephan Weil besucht das Startup: „Held der Arbyte“
„Helden der Arbyte“ steht auf einem knallroten Plakat hinter Ministerpräsident Stephan Weil. Er sitzt in einer Runde von sogenannten „digital natives“ vor einem großen Computerbildschirm. In seiner Serie „Arbeit und Dialog“ musste er heute von der Staatskanzlei aus gerade einmal vier Kilometer weit fahren. Dann parkte er in einem Hinterhof in der Oststadt von Hannover. Sein Ziel: Der Verlag, der hinter dem t3n-Magazin steckt.
Die Marke t3n ist eine hannoversche Erfolgsgeschichte. Vor zwölf Jahren veröffentlichten drei Studenten der Fachhochschule Hannover das Magazin zum ersten Mal. Sie wollten damit die Funktionsfähigkeit eines Redaktionssystems belegen, das für eine Diplomarbeit entwickelt worden war. Jetzt, zwölf Jahre später, liegt die Auflage des Magazins bei mehr als 40.000 Exemplaren, die Website ist eine wichtige Plattform für Nachrichten aus der digitalen Welt, t3n hat 133.000 Follower auf Twitter und fast 143.000 verfolgen die Inhalte auf Facebook.
https://soundcloud.com/user-385595761/stephan-weil-bei-den-digital-natives
Auf dem Bürostuhl vor dem knallroten Plakat sitzt ein Ministerpräsident mit 4912 Facebook-Freunden – es gibt also noch digitalen Nachholbedarf. Weil macht es sichtlich Spaß. Seine erste Arbeitsstation liegt am Schreibtisch des Chefs vom Dienst. Weil kann nicht nur über die Schulter schauen, sondern auch mitklicken. „Ich durfte die entscheidenden Klicks machen, um den Artikel zu veröffentlichen“, berichtet er. In dem Artikel geht es um das Verhalten von Chefs. „Warum Führungskräfte nicht nur reden, sondern auch handeln müssen“, so die Überschrift. „Das theoretische ‚Blabla‘ muss deshalb eine sichtbare Konsequenz nach sich ziehen. Das setzt voraus, dass die Führungskraft nicht nur gut zuhören kann, sondern auch handelt“, schreibt die Autorin. „Ich habe den Artikel jetzt auch zu verantworten. Das ist mit der Freigabe auch verbunden“, sagt Weil.
Ihn fasziniert die Unternehmenskultur. Die Redaktion von t3n fühlt sich immer noch nach Startup an, obwohl das Unternehmen nach rund zwölf Jahren eigentlich kein Startup mehr ist. „Es ist schon anders als in einem konventionellen Unternehmen“, stellt der Ministerpräsident fest. Es gebe weniger Hierarchien, das Durchschnittsalter bei den Mitarbeitern sei sehr jung. „Hier geht es weniger um berufliche Fortentwicklung und damit zum Beispiel um eine Beförderung, sondern mehr um berufliche Selbstverwirklichung, also den Spaß an der Arbeit und das Ziel, gemeinsam mit anderen immer besser zu werden. Das ist bestimmt auch Teil der Arbeitskultur der Zukunft.“ Das Unternehmen sieht Weil als Blaupause für die weitere Entwicklung der Wirtschaft. „Was hier passiert, wird in vielen anderen Bereichen auch noch passieren. Immer mehr Branchen werden sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten grundlegend verändern. Das ist ein Einblick in einen Kochtopf, der noch viel größer werden wird“, so Weil.
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Jan Christe, Herausgeber und Mitgründer von t3n, attestiert Weil eine sehr große Offenheit und sehr großes Verständnis für die Themen. „Wir haben ihm zum Beispiel die Bedeutung von sozialen Netzwerken gezeigt und erklärt, wie ein Redaktionssystem funktioniert“, berichtet Christe. „Ich gebe mir Mühe, hier auch noch meine Beiträge zu leisten“, sagt Weil. Er sei schließlich ein Kind des analogen Zeitalters, da gebe es schon eine kulturelle Barriere. Andererseits sei er selbst erstaunt, was er in den vergangenen Jahren gelernt habe. „Und ich bin ganz sicher: das ist noch nicht zu Ende“, meint Weil.
Über Social Bots, also Computer, die in sozialen Netzwerken automatische Antworten geben, hat Weil an diesem Tag mit den t3n-Machern schon diskutiert. Jetzt interessiert er sich noch für instagram, wo Fotos und Videos geteilt werden. „Das ist ja vor allem für Jüngere interessant. Ich nehme bestimmt für meine Arbeit eine Menge mit“, hofft Weil. „Das werden wir ihm im Social Media-Team heute noch ein wenig näher bringen“, verspricht Jan Christe. „Außerdem wollen wir ihm noch zeigen, wie man eine Kampagne online erstellt.“ Das kann der SPD-Landesvorsitzende vielleicht auch noch gut gebrauchen – in gut zehn Monaten ist schließlich Landtagswahl. (MB.)