Wie wird man eigentlich Innovationsexperte? Gerriet Danz ist auf deutschen Bühnen unterwegs und erklärt Vertretern deutscher Unternehmen in Hallen und Seminarräumen, wie sie und ihre Mitarbeiter innovativer werden können. In den 80er Jahren war Danz Kreativdirektor der großen Werbeagentur BBDO, in den 90ern moderierte er unter anderem die TV-Nachrichten bei VOX und arbeitete für das NDR-Fernsehen.

Gerriet Danz (li.) mit Martin Brüning vom Rundblick, der die Veranstaltung moderierte – Foto: Peter Sierigk

Inzwischen reist er viel ins Silicon Valley, um bei Google, Facebook und Co. zu lernen, wie eine Innovationskultur im Unternehmen funktioniert – er ist sozusagen ein deutscher Innovationsspion in den USA. Sein Wissen gab er in dieser Woche in Niedersachsen weiter. Er hielt auf Einladung des Arbeitgeberverbandes Region Braunschweig einen Vortrag in nicht ganz alltäglicher Umgebung. Der Verband hatte in die Disco „Jolly Time“ eingeladen – vielen Braunschweigern noch als Kult Disco „Jolly Joker“ bekannt. Allerdings wurde nicht getanzt, es wurde diskutiert.

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Wo es in Deutschland hapert stellte Danz schon auf seiner Taxifahrt zum Ort der Veranstaltung fest. „Um 16.08 Uhr saß ich in einem Braunschweiger Taxi und war auf dem Weg zu Ihnen“, berichtete Danz und zeigte auf der Großleinwand ein Foto, dass er im Taxi mit dem Handy gemacht hat. Es zeigte einen großen Riss im Sitzpolster des Taxis. Die Taxi-Branche achte nicht mehr sehr auf sich, meinte Danz. „Die haben vergessen, dass es eine Zukunft gibt. Das erkennt man zum Beispiel, wenn man einmal mit einer Kreditkarte im Taxi bezahlen möchte und das im Normalfall nicht möglich ist.“

Ein Gegenbeispiel ist für ihn die Taxi-App Uber. In den USA habe er mit dem Startup, das in Deutschland nicht unumstritten ist, eine tolle Nutzererfahrung: Extrem gepflegte Autos, extrem tolle Fahrer, bezahlt werde online über einen Bezahldienst. Der Kampf der europäischen Taxibranche erinnere ihn an den „Eisernen Gustav“ in den 1920er Jahren. Der Droschkenkutscher hatte 1928 mit einer Fahrt nach Paris gegen die steigende Zahl der Autos protestiert. Er wurde durch seine Fahrt zwar berühmt, das Auto setzte sich dennoch durch. „Die Zukunft ist nicht aufzuhalten, am besten gestaltet man sie mit“, sagte Danz.

Gerriet Danz: „Es reicht nicht aus, einen Kickertisch ins Büro zu stellen, nur weil das die Startups machen. – Foto: Peter Sierigk

Innovatives Denken ist für Danz kein Alleinstellungsmerkmal der US-Unternehmen wie Facebook und Google. „Die Ideen sind da, denn Menschen kommen auf gute und innovative Ideen. Die Frage ist aber, wie man das in eine Unternehmenskultur säen kann“, sagte Danz im Gespräch mit dem Rundblick. Auch kleine und mittelständische Betriebe könnten zum Beispiel durch Ausgründungen von Abteilungen oder Tochterunternehmen sehr schnell eine andere Kultur einpflanzen. Das versuchten zwar auch in Deutschland immer mehr Unternehmen, die Frage sei aber, ob das nicht teilweise Schönfärberei sei. „Es reicht nicht aus, einen Kickertisch ins Büro zu stellen, nur weil das die Startups machen. Man muss den Menschen die Möglichkeit geben, aus ihrer eigentlichen Arbeitssituation auszubrechen.“

Entspannung erzeugt gute Ideen. Walt Disney habe auf einer Parkbank am Sonntag seine dreijährige Tochter beim Spielen beobachtet und sei dabei auf das Disneyland gekommen. Danz‘ klare Ansage an das Publikum: „Innovationen entstehen nicht in einem ‚Montagmorgen Executive Management Innovation Meeting‘ mit schlechten Plätzchen“. Als Vorbild gilt immer wieder die Startup-Kultur. Auf die Frage, welches eigentlich das beste Beispiel für ein Startup ist, hat Danz eine überraschende Antwort parat: Jedes Kind. „Wir waren alle mal ein grandioses Startup. Man müsste eigentlich gar nicht ins Silicon Valley fahren und sich stattdessen wie Walt Disney auf eine Parkbank setzen und dabei zusehen, wie Kinder miteinander interagieren.“

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Es gebe auch ein Zuviel an Innovationen, warnte Michaela Meier im anschließenden Podiumsgespräch. Meier ist Geschäftsführerin von Papagei, einem hannoverschen Startup, das Videos für das Erlernen von Sprachen nutzt. Ihre Entwickler seien gerade auf dem Microsoft Campus in Seattle eingeladen worden. „Da wurde viel entwickelt und man wusste gar nicht mehr, was man daraus überhaupt machen soll.“ Probleme gebe es also selbst in einer perfekten Umgebung.

Der Mittelständler Sven Streiff, Geschäftsführer der Verpackungsfirma Streiff und Helmold, arbeitet bereits mit Startups zusammen. Er engagiert sich als Mentor für Startup-Unternehmen und ruft auch andere Unternehmer zur Unterstützung auf. „Herr Danz hatte hat ja Kinder als Beispiel für ein Startup bezeichnet. Kinder brauchen Eltern. Den Elternpart kann man als Unternehmer teilweise übernehmen und die Startups in vielen Fragen unterstützen.“ Die Startups brauchen die Mittelständler also ebenso wie die Mittelständler die Startups.  Das Zauberwort heißt Zusammenarbeit. Dazu riet auch Sven-Olaf Leitz, Regionalvorstand Nord der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, allen Unternehmen, egal ob groß oder klein, altgedient oder ganz jung am Markt. „Ich kann nur jedem Unternehmen raten, mit anderen zu kooperieren, weil die Digitalisierung zu großen Transformationsprozessen in der Wirtschaft führen wird. Treffen wird es alle.“