Die Zahl der Menschen, die im Gefängnis auf einen Platz im Maßregelvollzug warten müssen, ist in Niedersachsen stark gestiegen. Im vergangenen Jahr saßen landesweit 256 Straftäter und psychisch Kranke in der sogenannten Organisationshaft. Das waren über 60 Prozent mehr als 2016. Das geht aus der Antwort des Justizministeriums auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Marco Genthe hervor, berichtet das Politikjournal Rundblick in seiner Freitagsausgabe.

Plädiert für eine Ombudsstelle für Richter und Staatsanwälte: Der FDP-Politiker Marco Genthe – Foto: FDP-Fraktion Niedersachsen

Genthe spricht von einem massiven Problem für den Rechtsstaat. „Gerade bei den Menschen, die im Gefängnis abwarten müssen, ist das eine Art Aufbewahrung. Das entspricht nicht rechtsstaatlichen Gepflogenheiten“, sagt der FDP-Politiker im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Seiner Meinung nach hätte die Landesregierung schon längst handeln müssen, schließlich sei das Problem nicht einfach und schnell zu beheben. Es sei allein schon sehr schwierig, genügend Psychiater und Pflegekräfte zu finden.

Bereits vor einigen Wochen hatten Medien darüber berichtet, dass Ende Dezember vergangenen Jahres fast 80 verurteilte Straftäter und psychisch Kranke in Freiheit auf einen Platz im Maßregelvollzug warten. Das betrifft auch Menschen, bei denen dieser Vollzug bereits 2017 und 2018 angeordnet worden war

Zahl der Überlastungsanzeigen steigt ebenfalls

Die angespannte Situation in der Justiz wird auch durch die Zahl der Überlastungsanzeigen deutlich, die bei den Behördenleitungen der Staatsanwaltschaften und Gerichte eingehen, wenn zum Beispiel durch länger erkrankte Kollegen die Arbeit nicht mehr zu bewältigen ist. Die Zahl der Überlastungsanzeigen hat sich seit 2016 mehr als verdoppelt.

Angesichts der Situation in der Justiz plädiert Marco Genthe dafür, über eine Ombudsstelle für Richter und Staatsanwälte nachzudenken. Das Ministerium sei über die Lage offensichtlich nicht vollständig informiert. Das zeige sich daran, dass viele Fragen – zum Beispiel die nach der Zeitspanne zwischen eine Urteil und der Unterbringung im Justizvollzug – nicht beantwortet werden konnten. „Es braucht eine zusätzliche neutrale Person, die für Aufklärung sorgt“, meint Genthe.


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