So deutlich und überraschend, wie der SPD-Landesparteitag am Wochenende eine Rückkehr zum Weihnachtsgeld für Landesbeamte forderte, so deutlich ging Ministerpräsident Stephan Weil darauf am Montag auf Distanz: „In Anbetracht der Finanzlage ist eine Realisierung der Forderung kurzfristig unwahrscheinlich.“ Gleichzeitig hatte das Finanzministerium ausrechnen lassen, was ein 13. Monatsgehalt  für alle 228.000 Landesbeamte, Richter, Staatsanwälte und Pensionäre kosten würde – nämlich 780 Millionen Euro jährlich. Ob diese Summe aber genau dem entspricht, was die Initiatoren des Antrags auf dem SPD-Parteitag wollten, steht noch in Frage.

Der Beschluss war gegen den Rat der Antragskommission zustande gekommen, denn die Parteiführung wollte die Forderung eigentlich unentschieden lassen und der Landtagsfraktion zur Klärung überlassen. Dem folgte eine Mehrheit dann nicht, sondern der Antrag aus Stadthagen wurde schlicht angenommen: Der Ministerpräsident und die SPD-Landtagsfraktion sollten „aktiv darauf hinwirken“, dass auch für niedersächsische Beamte wieder ein Weihnachtsgeld gezahlt wird. Ein „Gleichklang mit dem Tarifbereich“ solle erreicht werden. Was die Angestellten im Landes- und Kommunaldienst angeht, erhalten sie bereits ein Weihnachtsgeld. Das ist im Tarifvertrag für die Landesbeschäftigten so festgelegt, allerdings mit Abstufungen. So bekommen die Entgeltgruppen bis E 8 bisher 95 Prozent eines Monatsgehalts, zwischen E 9 und E 11 dann 80 Prozent, für E 12 und E 13 dann die Hälfte und für E 14 und E 15, also in der Spitzengruppe, sind es 35 Prozent.


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Welche Variante nun genau vom SPD-Parteitag gewünscht wird, wurde im Beschluss nicht festgelegt. Die Abschaffung des Beamten-Weihnachtsgeldes geht auf das Jahr 2004 zurück, als die CDU/FDP-Regierung unter Ministerpräsident Christian Wulff drastische Schritte zur Sanierung des Landeshaushalts ging. Eigentlich sollte das vorübergehend wirken. Die Antragsteller vom SPD-Ortsverein Stadthagen stellen nun fest, dass der Landesetat inzwischen konsolidiert sei und sogar „satte Überschüsse“ ausweise. Deshalb gelte es jetzt, „Wort zu halten und verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen“. In Zeiten des Fachkräftemangels müsse der gesamte öffentliche Dienst „deutlich an Attraktivität zulegen“, denn anders könne er nicht „konkurrenz- und leistungsfähig bleiben“. Wenn man die Forderung nun umsetzen will, gibt es dabei mehrere Möglichkeiten.

Man könne jedem der 228.000 Beamten und Pensionäre des Landes (wie bis 2003 üblich) eine Sonderleistung in Höhe von 65 Prozent eines Monatsgehalts überweisen – unabhängig von der Besoldungsstufe. Das würde den Landesetat enorm belasten um 507 Millionen Euro. Man könnte auch jedem Beamten nur einen halben Monatslohn zahlen, dann wäre der Betrag halbiert auf 390 Millionen. Das eigentlich vom SPD-Parteitag beschlossene Modell sieht vor, ein Weihnachtsgeld zu staffeln – niedrige Stufen würden viel erhalten, höhere nur einen Teil. Bisher bekommen Beamte nur bis zur Stufe A 9 eine Sonderzahlung von 420 Euro und noch einmal je 120 Euro für das erste und zweite Kind, für das dritte und folgende Kinder dann noch mehr. Pensionäre haben nur den Kinderzuschlag.

„Unser Druck zeigt Wirkung“

Während die Große Koalition nun deutliche Skepsis zeigt und nicht gewillt scheint, den SPD-Beschluss umzusetzen, zeigen sich Gewerkschaften und Beamtenbund siegesgewiss. „Unser jahrelanger Druck zeigt Wirkung“, erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Dietmar Schilff. Verdi-Landesleiter Detlef Ahting meinte, nun seien SPD-Landtagsfraktion und Landesregierung in der Pflicht, endlich die „Benachteiligung der Beamten gegenüber den Tarifbeschäftigten aufzuheben“. Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG), Thorsten Balster, forderte Weil und die SPD-Landtagsfraktion auf, den Parteitagsbeschluss „kurzfristig aufzunehmen und umzusetzen“.

Ende 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht zwar entschieden, dass das Weihnachtsgeld gekürzt werden könne, da es kein fester Gehaltsbestandteil sei. Andererseits hatten mehrere Gerichte immer wieder Zweifel angemeldet, ob die Beamten- und Richter-Einkommen in Niedersachsen noch verfassungsgemäß sind, da sie von der allgemeinen Lohnentwicklung, auch im öffentlichen Dienst abgekoppelt seien. Im vergangenen Jahr hatten dies das Oberverwaltungsgericht Lüneburg und das Verwaltungsgericht Osnabrück so gesehen.