SPD setzt die politischen Mitbewerber in Hannover unter Zugzwang
Es ist der frühere Finanzdezernent Marc Hansmann (48), der vor zwei Jahren in den Vorstand der Stadtwerke gewechselt war und vorher viele Jahre lang als Nachwuchshoffnung der hannoverschen Sozialdemokraten in der Stadtverwaltung gegolten hatte. Hansmann ist verheiratet und hat eine kleine Tochter, er gilt als hervorragender Finanz- und Verwaltungsexperte.
Während die SPD jetzt vorprescht und versucht, ihren Bewerber frühzeitig in der Stadt bekannt zu machen, sind die anderen Parteien noch auf der Suche nach einem OB-Kandidaten. Der Rat der Stadt Hannover muss sich noch auf einen Termin für die Wahl des neuen Oberbürgermeisters verständigen. Das kann allerdings frühestens am 23. Mai geschehen. Geplant ist, dass der Rat am 16. Mai den Antrag Schostoks auf vorzeitigen Ruhestand aus besonderem Grund mit einer Dreiviertelmehrheit annimmt. Danach müsste die Kommunalaufsicht im Innenministerium entscheiden – aber das könnte theoretisch schon am Tag danach geschehen, sodass der Rat gleich danach einen Termin festlegen könnte. Bislang ist die Rede von Mitte November. Die frühzeitige Festlegung der Sozialdemokraten legt jetzt aber die Vermutung nahe, schon Ende August – zwei Wochen nach Ende der Sommerferien – könne die Neuwahl sein.
Mit der Kür Hansmann verknüpft die SPD mehrere Vorzüge: Er gilt als fachlich versiert, dynamisch und schwungvoll, wirkt jünger als er ist. Als promovierter Finanz- und Verwaltungsexperte und langjähriger Stadtkämmerer von Hannover (2007 bis 2017) kennt er sich nicht nur in der Verwaltung an sich aus, sondern besonders auch im hannoverschen Rathaus. Ihm wird – anders als Schostok – niemand vorhalten, von der Sacharbeit zu wenig zu verstehen. Außerdem ist Hansmann seit seiner Zeit als Finanzdezernent gut vernetzt mit den kommunalen Finanzexperten in Deutschland. Sollte er zum OB gewählt werden, würde er ohne Mühe sofort Akzeptanz im Konzert der Verwaltungschefs der deutschen Großstädte finden können.
Eine Episode aus den Anfangszeiten seiner politischen Arbeit unterstreicht zudem, dass Hansmann eine andere Eigenschaft hat – den Mut zu unpopulären Aktionen. Als Herbert Schmalstieg sich 1999 ein weiteres Mal zur OB-Wahl 2001 aufstellen lassen wollte, wagte der damals 29-jährige Hansmann eine Gegenkandidatur in der SPD – und unterlag, hatte aber mit rund 19 Prozent einen kleinen Achtungserfolg. Damit bewies er früh seinen Machtwillen, auch wenn seine Kritiker ihm damals vorhielten, zu ehrgeizig zu sein. Gegen Hansmann könnte eingewendet werden, dass er viele Jahre lang im Rathaus gearbeitet hat und sehr eng mit der hannoverschen SPD verflochten ist – also Teil eines Systems ist, dass manche Kritiker einen „sozialdemokratischen Filz“ nennen.
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Auf jeden Fall erreicht die SPD mit der Vorstellung des Kandidaten zwei Effekte: Das Rätselraten über den OB-Bewerber hat, was die SPD anbelangt, ein erstens rasches Ende, weitere Spekulationen werden damit unterbunden. Damit kann auch nicht mehr der Eindruck entstehen, man habe das Amt wie Sauerbier angeboten und niemand habe es haben wollen. Zweitens werden die Mitbewerber, vor allem die Christdemokraten, in Zugzwang gesetzt. Da die SPD bereits beginnt, ihren Kandidaten in der Stadt und im Land öffentlich bekannt zu machen, drohen die anderen ins Hintertreffen zu geraten. Deshalb kann erwartet werden, dass sich die CDU nicht mehr allzu viel Zeit lassen wird mit der Benennung eines eigenen Bewerbers.