Die über Bundesgesetze zu regelnde Frage, ob es die doppelte Staatsbürgerschaft nach den bisherigen Regeln in Deutschland weiter geben soll, beschäftigt nun auch den Landtag. SPD und Grüne hatten im Januar einen Entschließungsantrag vorgelegt, der ein klares Bekenntnis zur gültigen Gesetzeslage enthält: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich allen Versuchen, die doppelte Staatsbürgerschaft einzuschränken, abzuwerten oder gar abzuschaffen, entgegenzustellen.“ Hintergrund war die damalige Debatte innerhalb der CDU, die auf Uneinigkeit bei den Christdemokraten hindeutete: Beim Bundesparteitag hatte ein Antrag eine Mehrheit gefunden, der die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts fordert. Weder Kanzlerin Angela Merkel noch der Vorsitzende der Niedersachsen-CDU, Bernd Althusmann, hatten diesen Vorstoß damals befürwortet. Zu dem rot-grünen Entschließungsantrag im Landtag gibt es nun eine Anhörung der Verbände und Interessensgruppen. Neuen Schwung hat die Debatte inzwischen auch durch die Volksabstimmung in der Türkei bekommen. Die Mehrheit der in Deutschland lebenden Türken, darunter viele Inhaber der doppelten Staatsbürgerschaft, hatten den Antrag von Staatspräsident Erdogan für die Einführung einer autoritären Verfassung befürwortet.

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Seit 17 Jahren gilt in Deutschland, damals von Rot-Grün eingeführt, folgende Regel: Wenn ein Elternteil seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebt, kann das Kind die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Auch die Einbürgerung wird erleichtert – dann, wenn der Antragsteller mindestens acht Jahre (bisher 15 Jahre) in Deutschland lebt. Kinder, die einen deutschen und einen ausländischen Elternteil haben, können beide Staatsbürgerschaften behalten. Das gilt auch für Kinder ausländischer Eltern, die seit mindestens acht Jahren hier wohnen. Das Abstimmungsverhalten vieler Türken in Deutschland zum Erdogan-Referendum hat nun in der öffentlichen Debatte Zweifel belebt: Kommt es bei Doppelpass-Inhabern nicht zu Loyalitätskonflikten, wenn sie einerseits in Deutschland ihr Wahlrecht nutzen und andererseits in der Türkei? Wäre es nicht sinnvoller, von jedem Mitbürger die Entscheidung für eine Staatsbürgerschaft zu verlangen? Die Integrationsbeauftragte Doris Schröder-Köpf hatte nach dem Referendum vorgeschlagen, Menschen mit Doppelpass sollten nur in einem Land Wahlrecht besitzen.

Der „Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration“ (SVR) hat nun im Schreiben an den Landtag eine weitreichende Reform angeregt. Zwar wird der Doppelpass grundsätzlich befürwortet, aber der SVR sieht Anlass, die doppelte Staatsbürgerschaft einzuschränken für Menschen, die nur noch geringe Verbindungen zum Herkunftsland ihrer Vorfahren haben. Nötig sei also ein „Doppelpass mit Generationenschnitt“. Deutschland solle auf die Herkunftsländer der Menschen, die hier leben und einen Doppelpass haben, zugehen und ein Angebot unterbreiten. Dieses solle beispielsweise für die Türken in Deutschland vorsehen, dass diese erleichtert deutsche Staatsbürger werden und auch ihren türkischen Pass behalten können. Als Gegenleistung aber sollten die Herkunftsstaaten, also die Türkei, eine Zusicherung erklären – die Enkel dieser dann leichter in Deutschland eingebürgerten Menschen sollten von der Türkei nicht mehr automatisch die türkische Staatsbürgerschaft erteilt bekommen.