Von Martin Brüning

ie Krawatte zieht Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann selbst bei Terminen nicht gerne aus, die etwas mit Startup-Kultur zu tun haben. Aber kräftig mitmischen will Niedersachsen natürlich schon, wenn es um junge Gründer geht. Warum nicht Braunschweig statt Berlin oder Oldenburg statt Tel Aviv? In diesem und im vergangenen Jahr gab das Land 1,33 Millionen Euro für den Aufbau regionaler Startup-Zentren, die junge Gründer unterstützen sollen. Ganz unterschiedliche Modelle und Konzepte an acht Standorten sind daraus hervorgegangen. In Braunschweig liegt der Schwerpunkt auf Mobilität, in Osnabrück auf Agrar- und Ernährungswirtschaft.

Derzeit wird evaluiert: Bis Ende März will die Landesregierung einen Überblick darüber bekommen, wie die acht regionalen Zentren arbeiten. Aber schon jetzt kommen sowohl aus Regierungs- als auch Oppositionsfraktionen Vorschläge, den Zentren mindestens dieselbe Summe wieder zur Verfügung zu stellen – wenn nicht sogar mehr. Im Wirtschaftsministerium hält man sich noch bedeckt. Man wolle die Ergebnisse der Evaluation abwarten, heißt es auf Nachfrage.

Der Ansatz in Niedersachsen, nach Stärken zu differenzieren, ist genau richtig. Qualität und Exzellenz entsteht vor Ort durch die Qualität der Ansätze.

Bei Jürgen Bath, Geschäftsführer des Technologie- und Gründerzentrums Oldenburg, kurz TGO, spürt man die Begeisterung, wenn er über die Arbeit seit März 2018 spricht. Das Zentrum in Oldenburg war als letztes gestartet und hat schon jetzt eine bemerkenswerte Bilanz vorzuweisen. 16 Ganztagsworkshops für junge Gründer, monatliche Feedback-Gespräche – Jürgen Bath rattert die Zahlen herunter. Ihn freut, dass Oldenburg inzwischen auch außerhalb Niedersachsens in den Schlagzeilen ist. Die Computerbild schrieb im Januar über „Silicon Oldenburg“, auch die Süddeutsche Zeitung berichtete über das Startup-Zentrum im Norden. „Wer will da schon in die Ferne schweifen“, heißt es im Artikel. Schließlich zähle Oldenburg im Verbund mit Hannover zu den stärksten Gründungsregionen Deutschlands. Bath kann sich deshalb nicht vorstellen, dass die Förderung der Zentren durch das Wirtschaftsministerium nach 2019 auf der Kippe stehen könnte. Auch die Reaktionen der geförderten Teams seien sehr positiv gewesen. Die Evaluation des Landes bereitet ihm keine Sorgen.

Beim Startup-Zentrum in Oldenburg wird beim netzwerken schon einmal gebacken – zum Beispiel an Weihnachten – Foto: TGO

Dem Vorschlag der FDP im Landtag, den Betrag für die Zentren um zwei Millionen zu erhöhen, steht der Geschäftsführer aus Oldenburg aufgeschlossen gegenüber. Man sei mit allem, was man auf den Weg gebracht habe, an der Ressourcengrenze. Eine Erhöhung der Förderung wäre ein gute Signal, meint Bath. Neben der Erhöhung der Fördermittel plädieren die Liberalen im Landtag dafür, auch nach Ablauf der Förderungshöchstdauer eine Anschlussfinanzierung zur Verfügung stellen. Diese müsse auch in der Finanzplanung des Landes abgesichert werden. „Die acht Startup-Zentren sind gut angelaufen. Deshalb wollen wir mehr Zentren, die auch besser und vor allem dauerhaft vom Land unterstützt werden“, sagt Christian Grascha, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im Landtag, der sich das Thema Startups auf die liberale Fahne geschrieben hat, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.

Die Zentren seien die Anker der regionalen Gründer-Ökosysteme und die Treiber für die Arbeitsplätze von morgen. „Damit sind sie im wahrsten Sinne des Wortes Daseinsvorsorge für unser Land“, so Grascha. In einem Antrag fordern die Freien Demokraten auch, die finanzielle Förderung des Aufbaus von Startup-Zentren durch die NBank auf andere Landesteile auszuweiten. Mehr Fördergelder für die Zentren kann sich auch Detlev Schulz-Hendel, Sprecher für Wirtschaft in der Grünen-Fraktion, vorstellen. Dennoch hält er die FDP-Forderungen für „ein wenig unseriös“. Schließlich werde eine Evaluation eingefordert, aber schon vorher eine Summe genannt. Auch seine Fraktion plant im Februar eine parlamentarische Initiative zum Thema Startups. Die niedersächsischen Grünen hatten dazu im Oktober auf ihrem Parteitag in Celle einen Antrag beschlossen. Darin fordern sie zum Beispiel zinsfreie Darlehen von bis zu 25.000 Euro für Gründer.


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Aber Geld ist nicht alles. Vor allem unkomplizierter wünscht es sich Gerold Leppa, Wirtschaftsdezernent der Stadt Braunschweig. Mehr Fördergeld gehe natürlich immer, wichtig sei aber vor allem, die geeigneten Instrumente zur Förderung von Startups an die Hand zu bekommen, erklärt Leppa im Gespräch mit dem Rundblick. Die sehr große Komplexität sei teilweise ein Manko der Landesförderung. Hier sieht Leppa Städte in anderen Bundesländern zum Teil im Vorteil, die nicht nur über großzügigere Fördertöpfe, sondern vor allem unkompliziertere Verfahren verfügten. So seien zum Beispiel Kommunikations- und Marketingmaßnahmen der Startup-Zentren nur schwer mit den Förderbedingungen in Niedersachsen vereinbar.

Die Höhe der Förderung sei gar nicht so entscheidend, meint Leppa. „Der Ansatz in Niedersachsen, nach Stärken zu differenzieren, ist genau richtig. Qualität und Exzellenz entsteht vor Ort durch die Qualität der Ansätze.“ Man müsse deshalb gar nicht immer nach Berlin oder Tel Aviv schielen. Jörn Domeier, Sprecher für Digitalisierung bei der SPD-Fraktion Niedersachsen, ist ebenfalls davon überzeugt, dass Niedersachsen auch im nächsten Jahr auf regionale Lösungen setzen muss. „Die örtlichen Strukturen unterscheiden sich stark“, so Domeier. Die weitere Förderung müsse deshalb so flexibel wie möglich sein, um dem gerecht zu werden. Der SPD-Politiker wünscht sich auch eine noch engere Verzahnung mit der Privatwirtschaft. Domeier rief dazu auf, auch die zweite Phase bei Gründern stärker ins Auge zu fassen. „Wie kann Gründern geholfen werden, die nach der ersten Zeit den Sprung machen wollen, um weiter zu wachsen? Auch sie brauchen dabei Unterstützung.“ Wer weiß, schaffen viele junge Gründe den erfolgreichen zweiten Schritt, wird aus „Silikon Oldenburg“ vielleicht noch „Silikon Niedersachsen“.