Das neue Polizeigesetz, mit dem neue technische Möglichkeiten für die Polizei zur Gefahrenabwehr eingeführt werden, steht kurz vor der endgültigen Einigung: In dieser Woche wollen die Fraktions- und Parteispitzen von SPD und CDU die letzten Meinungsverschiedenheiten ausräumen. Anschließend könnte das Gesetz im Landtag verabschiedet werden – vermutlich im Mai- oder im Juni-Plenum. Dabei sind einige Punkte, die öffentliche Debatten erregten, zwischen den Koalitionspartnern längst versprochen. Das gilt etwa für den Einsatz von Trojanern zur Handy-Überwachung oder für die Online-Durchsuchung von Computern. Solche Verfahren seien heutzutage nötig, heißt es aus Polizeikreisen, weil auch die Verbrecher ihre Aktivitäten längst auf die – bisher schwer überwachbaren – modernen Kommunikationswege verlagert hätten.

Allerdings gibt es drei Punkte, die von Sozialdemokraten und Innenministerium einerseits, den Christdemokraten im Landtag andererseits unterschiedlich eingeschätzt werden: Erstens die Präventivhaft für terroristische Gefährder, zweitens die Frage der „intelligenten Videoüberwachung“ und drittens die Frage, bei welchen Voraussetzungen die Polizei schon bei Verdacht auf eine mögliche Straftat Telefonüberwachungen in Gang setzen können soll. Hier die Themen im Einzelnen:

Präventivhaft: Bisher sieht das Gesetz bis zu zehn Tage Haft für „Gefährder“ vor, also für Personen, die verdächtigt werden, eine schwere Straftat zu begehen. Im Fall eines drohenden Terroranschlags soll das laut SPD/CDU-Koalitionsvertrag auf bis zu 74 Tage ausgeweitet werden (nach richterlicher Anordnung erst bis zu 30 Tage, dann noch einmal bis zu 30 Tage und notfalls noch zwei Wochen länger, alles aber jeweils mit Richter-Entscheidung). Kritiker, auch der juristische Dienst des Landtags, halten die Frist für zu lang – da es um Freiheitsentzug für Menschen geht, die noch keine Straftat begangen haben. Die CDU entgegnet, dass es bisher keine höchstrichterliche Entscheidung über eine Obergrenze gebe. Höchstrichterlich sei lediglich geurteilt worden, dass zwei Wochen vertretbar seien. Es gilt nun als denkbar, dass die SPD durchsetzt, die Fristen für die richterliche Wiedervorlage von zweimal 30 Tagen auf alle 14 Tage zu verkürzen. Auch scheint möglich, dass die 74 Tage auf etwa 50 schrumpfen. In den Koalitionsverhandlungen hatte die CDU noch 18 Monate gefordert, ein SPD-Vertreter soll „maximal zwei bis drei Monate“ geantwortet haben. Herausgekommen seien dann 74 Tage, also genau zweieinhalb Monate.


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Videokontrollen: In Berlin wurde eine Videoüberwachung getestet, bei der von allen aufgenommenen Personen die Gesichter scannt werden und ein Abgleich der biometrischen Daten mit Datenbanken folgt. Für ein solches Verfahren fehlt bisher die gesetzliche Grundlage, es wäre auch ein weitgehender Eingriff in den Datenschutz. Viele europäische Nachbarländer wenden das Verfahren aber bereits an. Daneben gibt es noch eine weitere Form, die sogenannte „intelligente Videoüberwachung“: Nicht Gesichter werden gescannt und abgeglichen, sondern das System versucht herauszufinden, ob die Filmaufnahmen (etwa vor Fußballstadien oder auf Marktplätzen) gefährliche Situationen zeigen (ein abgestellter Koffer, ein beginnendes Handgemenge mit Schlägereien). Sobald die Gefahr unterstellt wird, werden die Filmaufnahmen gespeichert. Aus Datenschutzsicht wäre diese Variante im Vergleich zu der erstgenannten der geringe Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, weil nur in Gefahrensituationen Daten gesammelt würden. Startup-Unternehmen wie „Brainplug“ in Braunschweig bieten solche Verfahren bereits an. Die CDU befürwortet solche Wege und möchte unbedingt ein Pilotprojekt ermöglichen. Die SPD zögert bisher noch.

Telefonüberwachungen: Die Überwachung von Telefongesprächen und Computerkommunikation, die nicht der Verfolgung von Straftaten dient, sondern der Abwehr der Gefahr einer bevorstehenden Straftat, ist im Gesetzentwurf bisher streng auf die Terrorgefahr begrenzt: Die Polizei soll dies nur dann tun dürfen, wenn der Verdacht auf einen Terroranschlag besteht. Die SPD will bisher daran festhalten, während sich die CDU wünscht, noch einen Schritt weiter zu gehen und diese Mittel auch bei Organisierter Kriminalität einzusetzen.