Die seit Monaten diskutierte Vereinbarung zwischen SPD und CDU hier, Grünen und FDP dort steht kurz vor der Vollendung – kommenden Mittwoch treffen sich die Parlamentarischen Geschäftsführer noch einmal zu einem klärenden Gespräch. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die beiden großen den beiden kleineren Fraktionen helfen können, falls diese Akteneinsicht haben oder einen Untersuchungsausschuss einrichten wollen. Es zeichnet sich nun aber ab, dass es darüber hinaus nicht zu der von Grünen und FDP erhofften Verfassungsänderung kommen wird. Damit dürften diese beiden Oppositionsfraktionen allein auch künftig nicht gegen solche Gesetze vor den Staatsgerichtshof ziehen, die sie für verfassungswidrig halten. Dafür ist nämlich laut Verfassung „ein Fünftel der Mitglieder des Landtags“ erforderlich, das wären derzeit also 28 Abgeordnete. Grüne und FDP kommen zusammen aber nur auf 23 Abgeordnete. Nähmen sie die AfD als drittstärkste Oppositionsfraktion hinzu, so würde das Quorum mit 32 Stimmen erreicht werden. Bisher ist aber stets so argumentiert worden, dass die inhaltlichen Abweichungen von AfD hier, Grünen und FDP dort viel zu gravierend für eine geschlossene oppositionelle Klageunterstützung im Landtag seien. Es war daher überlegt worden, das Quorum in der Verfassung auf „ein Sechstel“ zu ändern – das wären genau die 23 Abgeordneten, die Grüne und FDP zusammen aufbieten können.

Das lange Hin und Her in dieser Frage scheint jetzt zu einem Abschluss zu kommen. CDU und SPD hatten sich erst offen gezeigt für eine Verfassungsänderung, dann aber waren juristische Bedenken laut geworden – solle man, nur wegen der derzeit so erdrückenden Mehrheit der Großen Koalition im Parlament, gleich die Verfassung ändern? Die Skeptiker setzten sich Anfang 2018 intern durch, im Sommer schien es dann aber zeitweise so, als lenkten SPD und CDU doch noch ein. Nun sieht es eher wieder nicht danach aus. Das heißt, es zeichnet sich eine Vereinbarung mit mehreren Punkten ab: Wenn Grüne und FDP zusammen zu einem bestimmten Vorgang Akten einsehen möchten, wollen SPD und CDU ihnen dazu „Leihstimmen“ geben, damit das auch hier nötige Fünftel des Landtags auch ohne Mitwirkung der AfD erreicht werden kann. Gleiches gilt, falls Grüne und FDP zusammen einen Untersuchungsausschuss einrichten wollen. Die AfD wird von der Abmachung, die der Stärkung der Minderheitenrechte im Parlament zum Ziel hat, bewusst ausgenommen, da die AfD-Abgeordneten als „Schmuddelkinder“ eingestuft werden. Nur eine Klage vor dem Staatsgerichtshof gegen ein Gesetz, das FDP und Grüne für verfassungswidrig halten, wird auf diesem Wege nicht erleichtert werden – und auch eine Verfassungsänderung für diesen Zweck wird nicht angepeilt.


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Das Königsrecht der Opposition also, die verfassungsrechtliche Überprüfung von Gesetzen vor dem Staatsgerichtshof zu verlangen, könnte auch weiterhin nur bei Einigkeit von Grünen, FDP und AfD erzwungen werden. Jüngst hat die AfD mit einer Klage beantragt, das Gedenkstättengesetz in Bückeburg überprüfen zu lassen. Da die Fraktion aber mit ihren neun Abgeordneten nicht die nötige Mehrheit für ein Normenkontrollverfahren zustande brachte, kann sie beim Staatsgerichtshof nur die – vergleichsweise wenig relevante – Frage klären lassen, ob sie bei der Abstimmung über das Gesetz in ihren Rechten beschnitten wurde.

Eine Gesetzesänderung ist an anderer Stelle allerdings schon vorgesehen, nämlich zu zwei wichtigen Anschlussfragen. Was soll geschehen, wenn Grüne und FDP mit Hilfe von „Leihstimmen“ die Akteneinsicht durchsetzen, die Landesregierung sich anschließend aber weigert, bestimmte Akten zu öffnen? Mit der ausdrücklichen Regel einer „Prozessstandschaft“ im Staatsgerichtshof-Gesetz könnten dann Grüne und FDP allein in Bückeburg gegen die Regierung klagen, ohne dafür (wie es strenggenommen nötig wäre) auch Unterstützung der Koalitionsfraktionen zu bekommen. Das soll ähnlich gelten für den Fall, dass ein Untersuchungsausschuss mit „Leihstimmen“ durchgesetzt wird, die Landtagsmehrheit aber den Untersuchungsauftrag aber so eingrenzt oder abändert, dass Grüne und FDP damit höchst unzufrieden sind.